"3"-Chef Berthold Thoma: "Apple ist eine Bedrohung"

Berthold Thoma, CEO Hutchison Austria 3  Photo: Michaela Bruckberger
Berthold Thoma, CEO Hutchison Austria 3 Photo: Michaela Bruckberger(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Der Geschäftsführer des Netzbetreibers im Gespräch mit DiePresse.com über Vorratsdaten, Apple als Bedrohung und warum Nokia ein Monster ist, das man nicht unterschätzen sollte.

Von 15. bis 18. Februar findet in Barcelona die größte Handy- und Mobilfunkmesse der Welt, der Mobile World Congress (MWC) statt. Im Vorfeld der Veranstaltung sprach DiePresse.com mit den österreichischen Mobilfunkbetreibern über die "Lage der Handy-Nation", aktuelle Entwicklungen und kommende Trends. Nach Michael Krammer, CEO von Orange Österreich, kommt Berthold Thoma, Chef des Netzbetreibers "3" und CEO von Hutchison 3G Austria, zu Wort.

Inhaltsverzeichnis

Seite 1: "Apple ist eine Bedrohung"
Seite 2: "Nokia ist ein Monster"

DiePresse.com: In Kürze findet der Mobile World Congress statt. Was sind Ihre Erwartungen an die Veranstaltung?

Bethold Thoma: Ein großes Thema wird natürlich der Hype um die sogenannten App Stores sein. In die Richtung wird viel getrommelt werden. Bei den Endgeräten wird es Navigation sein, nachdem Google und Nokia das gratis bereit stellen. Da wird auch Apple nicht mehr lange warten können. Mittelfristig werden wir auf allen High-End-Mobiltelefonen eine Personen-Navi draufhaben, wie wir sie bisher etwa von TomTom kennen. Ich würde auch heute in keine TomTom- oder Navigon-Aktien mehr investieren. Die werden in eine Nische zurückgedrängt werden, etwa als Sonderlösung für Taxis oder LKWs.

Das Mobiltelefon wird also immer mehr zur eierlegenden Wollmilchsau?

Thoma: Das wird es zwangsläufig werden. Aus dem einen Grund: Die Internetgeneration wächst immer mehr. Die Leute werden immer im Netz sein, werden Möglichkeiten wie Navigation immer mehr nutzen. Und da will man nicht noch mehr Geräte mit sich herumtragen. Das Handy-Navi kann Fußgängern sehr viel helfen und ist mit einem Klick auch auf den Automodus umstellbar. Wozu brauche ich dann noch ein weiteres Gerät im Auto, das dort womöglich noch gestohlen wird?

Das Mobilgerät, über das zuletzt am meisten geredet wurde, war das neue Tablet von Apple. Wie war eigentlich Ihre persönliche Reaktion, als sie gesehen haben, was das iPad kann und was es nicht kann?

Thoma: Also ich hab schon erwartet, dass es das ist, was es auch wurde. Ich sehe den Hauptanwendungsbereich im öffentlichen Raum. Weniger in Lokalen als dass es zuhause herumliegt und ich damit optimal meine ganzen Apple-Systeme steuern kann, meine Musik und meine Bilder herzeigen kann. Es ist quasi das Magazin der elektronischen Art.

Gibt es von Ihnen direkte Bestrebungen, das iPad ins Programm aufzunehmen?

Thoma: Wir haben eine eigene Philosophie. Wir haben mit Handelspartnern Kooperationen geschlossen, dass wir alle Endgeräte, die sie verkaufen, mit 333 Euro subventionieren, wenn der Kunde ein mobiles Internet-Paket von uns dazunimmt. Dazu kann auch ein Apple iPad gehören, wenn es mit der 3G-Version von Händlern wie Saturn oder Media Markt vertrieben wird. Da sind wir unabhängig von Apple. Damit arbeiten wir nicht gegen den klassischen Vertrieb und das dankt man uns auch.

Sie haben die App Stores erwähnt. Gerade Nokia als traditioneller Hardware-Hersteller will sein Produktportfolio einschränken und mehr auf Dienste und Software setzen. Ist das der richtige Weg für das Unternehmen?

Thoma: Die Vision ist eher als solche zu verstehen, dass man dem Kunden nicht ein Endgerät verkauft, wo aller möglicher Mist drauf ist, wenn ich auf "Programme" gehe, sondern dass die Kunden sich die Applikationen so zusammenstellen, wie sie für ihre Belange relevant sind. Um es mit der Autoindustrie zu vergleichen: Es ist als ob sich jeder sein Auto optimal selbst konfigurieren kann und Funktionen auslässt, die man zwar bezahlt, aber nie verwendet.

Es gab kürzlich auch einen großen Rummel rund um das von Google vertriebene Android-Smartphone Nexus One. Andere Mobilfunkbetreiber haben Bedenken, dass mit dem Vertriebsmodell, das Gerät direkt über Google samt Vertrag zu verkaufen, der Netzbetreiber umgangen und zum reinen Datenlieferanten deklassiert wird.

Thoma: Bei Apple würde ich es fast so sehen. Google hat eine Philosophie, die den Betreibern gegenüber relativ offen ist und es den Betreibern ermöglicht, sich neben dem Netz auch über andere Funktionen zu differenzieren. Dass man etwa seinen eigenen App Store und seine eigenen Dinge dort vermarkten kann. Für mich ist Apple die größere Bedrohung.

Warum Bedrohung und nicht Chance?

Thoma: Weil Apple die Schiene durchfährt. Um ein iPhone in Betrieb zu nehmen, brauchen Sie einen iTunes-Account. Alles bis zum letzten Klingelton können Sie nur über iTunes erwerben. Alles läuft vorbei an Ihnen als Netzbetreiber. Verdienen tut nur Apple und derjenige, den Apple zertifiziert hat. Unseren Music Store darf ich nicht in den App Store hineinbringen, weil sie uns den nicht zertifizieren. Sie sagen, das wäre Konkurrenz von iTunes, das machen wir nicht. Google lässt auch Konkurrenzprodukte zu. Wenn du Apple-Kunde bist, bist du im Apple-System gefangen.

Sie hätten also persönliche Bedenken dagegen, ein iPhone ins Programm aufzunehmen?

Thoma: Natürlich sind wir da, um unsere Kunden zufrieden zu stellen. Bei der hohen Nachfrage würden wir auch gerne das iPhone haben, da mach ich gar keinen Hehl draus. Bei den jetzigen Margen ist es auch ein vertretbares Geschäft. Aber ich kann mich dort durch nichts mehr differenzieren. Sie sind als Netzbetreiber komplett im Hintergrund. Das ist das bedrohlichste Szenario, da ist man die reine Daten-Pipeline, absolut austauschbar.

Ist den Kunden aber nicht ohnehin egal, welcher Name draufsteht, solange sie gute Leistung zu einem guten Preis erhalten?

Thoma: Die Kunden, die uns die treuesten sind, sind diejenigen, die unsere Dienste nutzen. Sie haben festgestellt, was sie mit ihrem Handy tolles machen können, was mit anderen Netzbetreibern nicht so gut geht. Man muss sich als Netzbetreiber nicht nur über das Netz, sondern auch darüber, was man dem Kunden drumherum gibt, differenzieren. Dann wird man auch interessant für die Werbewirtschaft.

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