Ein bisschen fliegen konnte Archaeopteryx

Ein Skelett des Archaeopteryx.
Ein Skelett des Archaeopteryx.(c) Reuters
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Die Schwingenknochen des Urvogels waren gebaut wie die seiner Erben. Weit in den Lüften kam er aber nicht.

Als der erste 1861 aus den Solnhofer Plattenkalken in Bayern ans Licht kam, hielt man ihn für einen Saurier. Nach späteren Funden, immer in der gleichen Gegend, war nicht mehr zu übersehen, dass er gefiederte Flügel hatte („pteryx“), und uralt war er ohnehin („archeios“): Vor 147 Millionen Jahren lebte der Archaeopteryx – ein taubengroßes Tier, das noch keinen Schnabel aus Horn hatte, sondern einen knöchernen Kiefer mit Zähnen – in der Region, die damals eine Lagune mit vorgelagerten Inseln war. Auch auf denen fanden sich manche seiner heute bekannten neun Skelett-Fossilien.

Dieses Tier war die allererste Bestätigung von Darwins Postulat, dass es in der Evolution Übergangsformen geben haben muss („missing links“), deshalb kaufte ein Darwin-Gegner, der tief religiöse Naturforscher Richard Owen, den Fund von 1861 und hielt ihn im British Museum unter Verschluss. Das funktionierte nicht lange: Archaeopteryx war das Bindeglied der Saurier und ihrer Erben, der Vögel, und er muss flugfähig gewesen sein, sonst wäre er nicht auf die Inseln gelangt.

Seine Ahnen, die Anchiornithiden, die sich viel später in China fanden, waren es nicht, sie müssen den weiten Weg zu Fuß zurück gelegt haben. Und auch bei Archäopteryx wurde lange darüber gestritten, ob er sich wirklich in die Lüfte erheben konnte oder nur, von erstiegenen Bäumen herab, ein wenig gleiten wie Flughörnchen. Denn er hatte zwar gefiederte Schwingen, konnte sie aber nicht bewegen wie heutige Vögel: Die dazu nötigen Schultergelenke fehlten ihm noch.

Flattern wie Fasane

Aber für das Fliegen optimierte Schwingenknochen hatte er schon, das zeigt eine Mikrotomografie am Synchroton in Grenoble, die gestattet zerstörungsfreie Blicke ins Innere: „Wir haben sofort bemerkt, dass die Knochenwände dünner sind als bei erdgebundenen Dinosauriern und ganz so aussahen wie konventionelle Vogelknochen“, berichtet Dennis Voeten (Grenoble), der nach dem Archaeopteryx auch Knochen von Pterosauriern – Flugsauriern, die mit Vögeln nichts zu tun haben – analysierte. Ganz früh hatten sie Knochen wie Saurier, später waren die an die Lüfte angepasst, leicht gebaut und doch stabil (Nature Communications 13. 3.).

Der Urvogel konnte also fliegen, er muss nur die Flügel anders bewegt haben als heutige Vögel, und weit gekommen ist er nicht: Voeten vergleicht ihn mit Fasanen, die über kurze Distanzen in die Lüfte können, etwa zum Flüchten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2018)

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