Massendemonstrationen: „Für eine anständige Slowakei!“

APA/AFP/JOE KLAMAR
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Nach dem Rücktritt von Premier Fico fordern die Demonstranten nun Neuwahlen und die Aufklärung des Journalistenmordes. Auch der Polizeichef soll gehen.

Bratislava.
Trotz des Rücktritts von Regierungschef Robert Fico haben auch am gestrigen Freitag Zehntausende Slowaken gegen die Verflechtung von Politik und Geschäftemacherei demonstriert. In Bratislava und zahlreichen anderen Städten forderten sie die lückenlose Aufklärung eines Ende Februar entdeckten Journalistenmordes und vorgezogene Parlamentswahlen. „Für eine anständige Slowakei!“, lautete das auch auf zahlreichen Transparenten zu sehende Motto der Demonstrationen.
Aufgerufen hatten parteilose Aktivisten, unterstützt von Medien und Künstlern. „Ins Gefängnis! Ins Gefängnis!“, schallte es auf dem zentralen Platz des Slowakischen Nationalaufstandes in Bratislava.

„Die Regierenden haben nicht verstanden, wie weit es schon gekommen ist“, beklagte sich etwa eine junge Mutter. „Die meinen, es reicht, ein paar Personen auszutauschen, aber ansonsten die gleiche Führungsgarnitur an der Macht zu lassen. Die verhöhnen uns doch!“
Die bislang wichtigsten Forderungen der Proteste wurden inzwischen zwar erfüllt; der Rücktritt des unter Korruptionsverdacht stehenden sozialdemokratischen Innenministers Robert Kaliňák am Montag sowie die Demission Ficos und der gesamten Regierung am Donnerstag genügten den Protestierenden nicht mehr. Der rein personelle Austausch des Regierungsteams bei gleichbleibender parteipolitischer Zusammensetzung sei nur eine Scheinlösung.

Verbindungen zur Mafia


Fico hatte sein Amt an den bisherigen Vizepremier für Investitionen, Peter Pellegrini, abgetreten. Im Gegenzug erhielt er von Staatspräsident Andrej Kiska die Zusage, dass die bisherige Dreiparteienkoalition – von einigen personellen Veränderungen abgesehen – erhalten bleiben kann. Auch die bürgerliche Opposition und die meisten Medien kritisierten, dass dies nur eine kosmetische Veränderung sei. Die Slowakei war nach der Ermordung des Investigativ-Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova in eine schwere innenpolitische Krise gestürzt. Kuciak hatte mögliche Verbindungen von Ministern und wichtigen Regierungsbeamten zur italienischen Mafia und anderen zweifelhaften Geschäftsleuten untersucht.

Die beiden 27-Jährigen waren nach Polizeiangaben etwa drei Tage vor dem Auffinden ihrer Leichen von unbekannten Tätern in ihrem Haus im Dorf Velka Mača im Stil einer Hinrichtung getötet worden. Neben den Bildern Ficos und Kalinaks war auf den Transparenten der Demonstrierenden vor allem das Foto des Polizeipräsidenten Tibor Gašpar zu sehen, dessen Entlassung die Menge forderte. Unter seiner Führung sei keine unvoreingenommene Aufklärung des Doppelmordes und der Korruptionsaffären der Regierung gewährleistet, warnten mehrere Redner von der auf dem zentralen Platz aufgestellten Tribüne aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2018)

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