Uni-Zugang an Verbleibedauer im Land knüpfen

(c) FABRY Clemens
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Europarecht-Expertin Alina Lengauer über Alternativen zur Medizinerquote. "Ich persönlich halte das Herkunftslandprinzip für eine gute Lösung, da das Prinzip selbst Teil der Gemeinschaftsrechts ist."

„Die Presse“:Ende dieses Monats soll das EuGH-Urteil vorliegen, das die Ausländerquoten an belgischen Unis für rechtswidrig erklärt. Was bedeutet dieses Urteil für die Quote an den heimischen Medizin-Unis?
Alina-Maria Lengauer: Zunächst hat das keine konkrete Auswirkung. Da aber jeder Mitgliedstaat verpflichtet ist, sich rechtskonform zu verhalten, stünde durch das Urteil fest, dass man die Regelung überarbeiten muss.

Die EU-Kommission drohte Österreich wegen der Quote schon bisher mit einem Vertragsverletzungsverfahren, hat aber ein Moratorium bis 2012 gewährt. Gerät auch dieses durch das Urteil ins Wanken?
Lengauer: Nein. Dass es überhaupt ein Moratorium gibt, ist ein Zeichen dafür, dass die EU-Kommission großes Verständnis für die österreichische Position hat.

Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass die Kommission 2012 tatsächlich ein Verfahren gegen Österreich einleitet?

Lengauer: Ein Verfahren ist sehr wahrscheinlich, auch wenn es einige Zeit dauert. So etwas hat es ja im Zusammenhang mit der alten Zugangsregelung bereits gegeben.

Für die Zeit nach 2012 werden bereits mehrerer Konzepte diskutiert (siehe Factbox). Ist die Rückkehr zum „Herkunftslandprinzip“, von der etwa die Wissenschaftsministerin die anderen Staaten überzeugen will, eine realistische Option?

Lengauer: Man muss weniger die Staaten überzeugen als vielmehr den EuGH. Ich persönlich halte das Herkunftslandprinzip für eine gute Lösung, da das Prinzip selbst Teil der Gemeinschaftsrechts ist. Hier müsste man die Argumentation ausbauen, um vielleicht eine Chance zu haben. Die Quote hingegen hat keinesfalls Bestand, da sie direkt diskriminierend ist.

Wie könnten andere nicht diskriminierende Zugangsbeschränkungen aussehen?

Lengauer:
Die Maßnahmen müssen ganz spezifisch auf das Ziel der Beschränkung gerichtet sein. Was also ist das Ziel bei der Medizinerquote? Wenn es uns darum geht, die Versorgung Österreichs mit Ärzten sicherzustellen, dann könnte man eine Verbleibedauer im Land vor dem Studienbeginn voraussetzen. Diese würde indizieren, dass man mit der Gesellschaft vernetzt ist und nach der Ausbildung in Österreich bleibt. Hier muss der Gesetzgeber Kleinarbeit leisten und genaue Regelungen ausarbeiten. So kann man spezifische Forderungen an jene stellen, die inskribieren wollen. Nur zu sagen, das hängt von der Staatsbürgerschaft ab, reicht sicher nicht. chs

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2010)

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