Grüne Festivals: Die Umwelt als Headliner

Das Seewiesenfest kombiniert Baden und Bands.
Das Seewiesenfest kombiniert Baden und Bands.Seewiesenfest
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Es wird wärmer, die Saison der Open-Air-Festivals startet. Neben den Künstlern ist dabei auch immer öfter die Umwelt Protagonistin.

Am Anfang hatten wir Plastikflaschen, aber wenn man dann den Haufen Plastik sieht, wird einem schlecht", erzählt Zeno Stanek, Intendant bei Schrammelklang in Litschau. Weil er an die Umwelt denken wollte, wurde sein Festival bald ein "Green Event". "Das heißt Nachhaltigkeit in jeder Hinsicht," erklärt Stanek. Anfang Juli, wenn unter dem Motto "Musik-Natur-Theater" rund um den Waldviertler Herrensee Gruppen wie Fanfare Ciocrlia oder Federspiel auftreten, wenn gelesen und Theater gespielt wird, steht zwar Schrammelmusik im Zentrum, und dieses Jahr unter dem thematischen Bogen zum Orient auch Balkan Brass. Nachdenken über richtiges ökologisches und soziales Verhalten gehört jedoch genauso dazu.

"Wir drucken so wenig Werbematerial wie möglich, und das auf ökologischer Basis. Wir haben ein Elektrofahrzeug, um unsere Hütten zu beliefern und Künstler zu chauffieren. Das laden wir meistens dort auf, wo wir Sonnenkollektoren am Dach haben. Litschau bezieht Ökostrom, untertags spielen die Musiker unplugged. Wir haben Komposttoiletten und sorgen für Barrierefreiheit", beschreibt der Intendant zentrale Punkte. "Beim Essen und Trinken schauen wir auf Mehrwegbecher und kompostierbares Geschirr. Die Produkte sind, wenn möglich, biologisch und Fair Trade, und immer regional", ergänzt er. Etwa Karpfen, Mohn und Hanf aus der Gegend. Frauen aus dem Ort backen Kuchen. "Oder man geht bei den Bühnen Heidelbeeren pflücken", sagt Stanek, denn aufgetreten wird mitten im Wald zwischen Bäumen, in einem Birkenwäldchen oder beim Seezulauf.

Kein Müll. Schrammelklang ist eines von mehreren Festivals hierzulande, die ergrünt sind. Zweimal hat es schon das österreichische Umweltzeichen bekommen und war beim Wettbewerb "Nachhaltig gewinnen" von Green Events Austria nominiert und prämiert; beides Initiativen des Ministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus. Georg Tappeiner von Pulswerk, dem Beratungsunternehmen des österreichischen Ökologieinstituts, betreut Green Events Austria. "In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Nachhaltigkeit kein Thema ist, das nur als behübschendes, grünes Feigenblatt dient. Da steckt einiges dahinter, und es kann sich heute fast kein Veranstalter leisten, nichts in diese Richtung zu tun", sagt er.

Feurig. Pristup sind einer der Acts des Schrammelklangfestivals.
Feurig. Pristup sind einer der Acts des Schrammelklangfestivals. Markus Dörfler

Schwierig wird es aber bei Großveranstaltungen, von Nova Rock bis Frequency-Festival. "Leider ist es dort so, dass die Kultur unter den Besuchern alles andere als zivilisiert ist. In anderen Ländern bleibt der Campingbereich sauber, da gibt es wohl kulturelle Unterschiede, denn hier ist es eher so: ,Wenn ich aus meinen vier Wänden draußen bin, ist mir alles wurscht. " Wenn die Gegend bei der Traisen nach dem Frequency einer Müllhalde gleicht, sind Bestrebungen wie ein Green-Camping-Bereich oder Aktionen wie die der Kattunfabrik, die aus übrig gebliebenen Zelten Regenjacken näht, noch eher wie Tropfen auf heiße Steine. "Da brauchen die Veranstalter einen langen Atem", so Tappeiner.

Upcycling. Der Verein Kattunfabrik sammelt zurückgelasse Frequency-Zelte ein und näht daraus Regenjacken.
Upcycling. Der Verein Kattunfabrik sammelt zurückgelasse Frequency-Zelte ein und näht daraus Regenjacken. Kattunfabrik

Kleinere Festivals tun sich leichter: Das Free Tree Open Air lässt im Sommer wieder mitten im Grünen österreichische Acts auftreten, in den letzten Jahren tat es sich wiederholt als beispielhaft hervor. Das Seewiesenfest bietet Kräuterwanderungen vor idyllischer Kulisse und versucht sich als "Zero Waste Event". Für die Bühne hat der Non-Profit-Verein Frikulum (Friede, Kultur, Umwelt) Wolf Parade, das Lunsentrio und Stefanie Sargnagel eingeladen, Einnahmen fließen in Aktivitäten wie etwa Bachsäuberungen. Orientiert hat man sich an den Mindestanforderungen für nachhaltige Veranstaltungen von Green Events Austria: Diese wurden kürzlich von Bund und Bundesländern beschlossen und umfassen Qualitätsstandards bei Themen von Mobilität bis Catering. Online hilft eine Infothek mit Tipps bei der Umsetzung.

Lauschig. Mitten im Wald lauscht man Wiener Musik und Co.
Lauschig. Mitten im Wald lauscht man Wiener Musik und Co.Stephan Mussil

Diversity. Impulse für eine nachhaltige Eventbranche setzen neben Musikfestivals etwa die Diagonale oder der Steirische Herbst. Ein Ranking der bemühtesten oder saubersten Initiativen kann es nicht geben: zu unterschiedlich sind Orte und Arten der Events, so Tappeiner. Und zu den diversen Bemühungen zählt nicht nur der Einsatz für die Umwelt: auch soziale Gerechtigkeit, Diversity oder Gender sind ein Anliegen.

"Wir haben Flüchtlinge, die in Litschau stationiert waren, als Helfer integriert, sie am Schluss auf die Bühne geholt und ihr Schicksal thematisiert", erzählt Zeno Stanek vom sozialen Engagement beim Schrammelklang. Auch sollen Besucher noch mehr für Ökologie und Soziales sensibilisiert werden. "Vor allem die junge Generation merkt, da führt kein Weg vorbei", so Stanek. Sein Schrammelklang macht Gäste bewusst darauf aufmerksam, wie Überlegungen in die Praxis umgesetzt werden können.

Bewusstseinsbildung spielt im Kulturbereich eine besondere Rolle, weiß Tappeiner: "Die Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft steht und fällt mit kulturellen Veränderungen, anders geht s nicht." Nicht nur Maßnahmen bei der Organisation sind möglich, auch inhaltlicher Diskurs. Sicher ist ein Green Event teurer. "Aber der ewige Spargedanke - 'Nehm ich doch die Plastikflasche, die ist billiger!' - hat da nichts verloren", meint Stanek. "Ich bin mir sicher, das kommt alles wieder zurück, Stichwort Umwegrentabilität und Imagegewinn. Auch durch gute Vibes am Festival."

Grüne Festivals

Schrammelklang: 6. 8.7.  in Litschau. Free Tree Open Air: 10. 13.8., Taiskirchen im Innkreis. Seewiesenfest: 1./2.6. in Kleinreifling, OÖ.

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