Der tiefe Fall der ersten Staatschefin Südkoreas

Park Geun-hye vor Gericht.
Park Geun-hye vor Gericht. (c) REUTERS (Kim Hong-Ji)
  • Drucken

Park Geun-hye, die Tochter des Ex-Diktators, wurde wegen Korruption und Amtsmissbrauch zu 24 Jahren Haft verurteilt. Der Fall markiert eine Zäsur in der Nachkriegspolitik und einen Test für Südkoreas Demokratie.

Tokio/Seoul. Das Urteil wurde auf allen TV-Stationen live übertragen. Südkoreas „starke Frau der Konservativen“ muss für 24 Jahre hinter Gitter. Die Staatsanwaltschaft hatte für Park Geun-hye sogar die Höchststrafe von 30 Jahren verlangt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 66-jährige Tochter des früheren Militärdiktators Park Unternehmen wie den Elektronikriesen Samsung, den Telefon- und Mischkonzern SK, Hyundai oder den Stahlproduzenten Posco zur Zahlung von Bestechungsgeldern in Höhe von umgerechnet 59 Millionen Euro gezwungen hatte. Die Korruption lief über eine enge Vertraute Parks, die zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden war.

Obwohl die Angeklagte stets ihre Unschuld beteuert hatte, das Verfahren schon seit Monaten boykottierte und auch zur Urteilsverkündung nicht im Gerichtssaal erschien, endet damit eines der schlimmsten Kapitel der südkoreanischen Nachkriegspolitik. Park Geun-hye war im Vorjahr nach wochenlangen Massenprotesten auf Antrag des Parlaments vom Obersten Verfassungsgericht in Seoul des Amtes enthoben worden.

Viele ältere Traditionalisten wollen sich jedoch mit dem Ende der Ära Park nicht abfinden. Vor dem Justizgebäude kam es erneut zu Tumulten. Nach dem Urteil, das in dieser drastischen Form nicht unbedingt zu erwarten war, zogen in Seoul Tausende Park-Unterstützer auf die Straße. Park ist die erste Präsidentin, die in Südkorea aus dem Amt gefeuert wurde. Die Liste ihrer Verfehlungen war zu lang: Amtsmissbrauch, Korruption, Veruntreuung, Pflichtverletzung.

Nach der Gerichtsentscheidung steht Südkorea eine demokratische Bewährungsprobe bevor. Die Kungelei von Park mit den Bossen der von Familienunternehmen wie Samsung und Hyundai brandmarkte das Verfassungsgericht als schwere Fälle von Korruption. Erstmals treibt ein Verfassungsorgan einen Keil in die Allianz aus Politik und Industrie.

Aber ein solcher Absturz ist auch im politisch stets turbulenten Seoul selten. Als die Tochter des früheren Militärdiktators Park Chung-hee im Dezember 2012 als erste Frau an der Spitze mit knapper Mehrheit das „Blaue Haus“ eroberte, verbanden viele mit ihr in der konfuzianisch geprägten Gesellschaft den Wunsch nach Erneuerung und ökonomischer Erstarkung. Park verspielte aber durch dilettantisches Regieren, vor allem aber durch ihren ausgeprägten Hang zur Vettern- und Klientelwirtschaft, fast jeden Kredit.

Im Bann eines obskuren Kults

Den Rest gab ihr eine Affäre, in deren Zentrum ein obskurer Kult steht, und Parks Jugendfreundin Choi Soon-sil. Sie übte Einfluss auf die Staatschefin aus und degradierte sie zur Jüngerin eines Schamanenkults namens „Die acht Feen“. Angeblich schrieb die Schattenfrau sogar Regierungserklärungen, beriet die Präsidenten in allen politischen Entscheidungen.

Wenigstens bleibt Park Geun-hye das tragische Schicksal ihrer Eltern erspart. Die Mutter war 1974 von einem Agenten des nordkoreanischen Kim-Regimes ermordet worden. Ihr Vater wurde bei einem Trinkgelage von seinem Geheimdienstchef erschossen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Park Geun-hye im November 2016.
Außenpolitik

Südkoreas erste Präsidentin muss 24 Jahre ins Gefängnis

Park habe Unternehmen zur Zahlung von Bestechungsgeldern in Höhe von 77,4 Milliarden Won (59 Millionen Euro) gezwungen, sagt der zuständige Richter in der live übertragenen Urteilsverkündung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.