Abfallentsorgung: Vom simplen Müllmann zum Abfallspezialisten

(c) Brantner/Bruckner
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Der Umgang mit mehr als 750 verschiedenen Abfallarten vom Haus- bis zum Giftmüll ist eine logistische Herausforderung.

Die Digitalisierung hat auch die Müllabfuhr erfasst. So einfach, wie im Onlineshop Neues zu bestellen, lässt sich jetzt Altes entsorgen. Dazu wird auf Plattformen wie abfallserviceonline.at oder wastebox.at ein Müllsack oder ein Container bestellt und ein Wunschdatum für Zustellung und Abholung angegeben.

Hinter dem Onlinemüllservice stecken die großen Abfallentsorger FCC Austria beziehungsweise Saubermacher. Letzterer hat auch eine Variante für Profis geschaffen, bei der Logistik4.0 realisiert wurde: Kunden – vorerst Bauunternehmer, die Baustellenabfall loswerden wollen – und Lieferanten werden via Smartphone vernetzt. Die Kunden geben ihren Abholungswunsch ein. Entsorger – neben Saubermacher nehmen noch andere Firmen teil – können je nach Auslastung und Standort ihrer Fahrzeuge die Aufträge auswählen. Saubermacher wolle mit diesem Konzept, das Kunden und Lieferanten Zeit und Geld spart, nun auch in anderen Ländern aktiv werden, kündigt Vorstandssprecher Ralf Mittermayr an.

Vielfältige Digitalisierung

Die Onlineplattformen sind nur ein Beispiel für die Digitalisierung in vielen Bereichen des Abtransports und des Handlings von Abfall. Die in Österreich besonders strengen Abfallgesetze machten aus den Müllkutschern des vorigen Jahrhunderts hoch spezialisierte Unternehmen mit ausgefeilter Logistik und teilweise eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Die großen der Branche kümmern sich um simplen Hausmüll ebenso wie um Krankenhausabfall oder hochgefährliche Stoffe der chemischen Industrie: „Bis auf radioaktive Abfälle und Sprengstoffe können wir alle Abfallklassen entsorgen“, erzählt Andreas Hofbauer, Österreich-Vertriebsleiter der Brantner-Gruppe.

Digitale Techniken helfen, die komplexe Logistik optimal abzuwickeln. Das beginnt bei der Müllabfuhr für die Gemeinden. „Hier verwenden wir ein Tourenaufzeichnungsprogramm, in dem jeder Behälter digital erfasst ist“, berichtet Hofbauer. Ein Tablet gibt dem Fahrer die Strecke von Mülleimer zu Mülleimer vor, die Entleerung muss er bestätigen. Das System bringt mehr Effizienz, erleichtert die Arbeit des Mitarbeiters und etwa einen krankheitsbedingten Fahrerwechsel.

Digitale Unterstützung ermöglicht auch die GPS-Ortung und den optimalen Einsatz der Fahrzeuge, die für die Entsorgung bei Gewerbe, Industrie und Krankenhäusern eingesetzt werden. Hier kommen je nach Abfallart unterschiedliche Transporter zum Einsatz. Die Touren werden bei den großen der Branche elektronisch geplant, bei Staus kann umdisponiert werden, ebenso lässt sich ein dringender Kundenwunsch – „meine Behälter sind voll“ – in die Route einschieben. Die Technik bringt bereits deutliche Effizienzsteigerungen. „Wir machen das seit drei Jahren“, erläutert Wolfgang Leitner, Vorstand der FCC Austria Abfall Service, „aber wir und die ganze Branche stehen erst am Anfang, eine noch tiefergehende Digitalisierung ist eine der großen Herausforderungen für die Zukunft.“

FCC und die anderen großen Entsorger bieten ein Fullservice: „Von der Beratung über die Abholung bis zur Entsorgung decken wir das gesamte Spektrum ab“, sagt Leitner. Teilweise werden auch eigene Verbrennungsanlagen für gefährliche Abfälle betrieben oder Rohstoffe etwa aus der Kunststoffsammlung sortiert. Recycling ist nicht das große Thema für die Abfallentsorger, sie sehen sich als Rohstofflieferanten für darauf spezialisierte Betriebe. Auf Spezialgebieten ist man aber aktiv: „Mit unserem Tochterunternehmen Redux haben wir gerade die modernste Aufbereitungsanlage für Lithium-Ionen-Batterien in Betrieb genommen“, berichtet Mittermayr.

Damit der Abfall dort landet, wo er soll und nicht illegal entsorgt wird, gibt es ein strenges Kontrollsystem. Firmenintern werden alle Abfallströme vom Abtransport bis zur Entsorgung erfasst. Einmal jährlich müssen diese Daten an das Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus übermittelt werden. Digital natürlich, andernfalls würden das Hunderte Kilo Altpapier erfordern – was ein neuer Fall für die Entsorger wäre.

INFORMATION

Die Entsorgung von Abfällen ist in Österreich streng geregelt. Für rund 750 Arten des Hausmülls über Bauschutt,Krankenhausabfälle bis zu gefährlichen Abfällen der chemischen Industrie gibt es jeweils genaue Regelungen bezüglich Transport, Lagerung und Recycling oder Entsorgung. Alle Abfallströme müssen genau erfasst und an das Umweltministerium gemeldet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2018)

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