Raiffeisen sieht Konjunkturkurve am Höhepunkt angelangt

Die Eurozone wie auch Österreich haben einen ungewöhnlich langen Aufschwung erlebt, der nun seinen Höhepunkt überschritten hat, sagt Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek.

Der Aufschwung in der Eurozone  habe seinen Höhepunkt überschritten. Grund zur Sorge bestehe aber noch nicht, heuer und nächstes Jahr sollte die Wirtschaft in Österreich noch über dem sogenannten "Potenzialwachstum", also der Normalauslastung, zulegen, erwartet Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International.

Sollte es so kommen, dann hätte der positive Konjunkturzyklus von 2014 bis 2019 vielleicht bis 2020 gedauert und damit viel länger als die üblichen vier Jahre, sagte er im Gespräch mit der APA. Noch länger als in Europa könnte die Konjunktur in den USA zulegen. Die von Präsident Donald Trump angekündigte Steuerreform und das versprochene riesige Infrastrukturprogramm könnten dazu führen, dass der Höhepunkt der Wachstumsphase erst später kommt. Noch besser als in der Eurozone wird sich die Wirtschaft auch in Ost- und Mitteleuropa entwickeln - hier sind praktisch überall heuer und kommendes Jahr noch Wachstumsraten über drei Prozent und deutlich über dem Potenzialwachstum absehbar. "Wir können das nach wir vor als global synchronisierten Aufschwung bezeichnen", der sich auch auf Asien erstrecke, so Brezinschek, .

Basis dafür sei die "Balance zwischen den Wachstumskräften", die sich unter Anderem im Aufschwung des Welthandels zeige. Aber auch der private Konsum stütze die Konjunktur, insbesondere in CEE. Im Gegenzug liege die Arbeitslosigkeit in vielen osteuropäischen Staaten inzwischen unter vier Prozent. Brezinschek spricht von einem "leer gefegten Arbeitsmarkt", der auch zu Lohnsteigerungen geführt habe, nicht nur im Osten, sondern auch im Westen. Diese wiederum dürften sich langsam aber sicher auch auf die Kerninflationsrate übertragen - "moderat aber doch spürbar". Zumindest sollte die Europäische Zentralbank bald ihr Inflationsziel von einer Teuerung an die zwei Prozent erreichen.

Raiffeisen erwartet dank Aufschwung eine weiter sinkende Arbeitslosigkeit, für Österreich von 5,5 auf 5,3 Prozent (nach EU-Berechnung). Nur weil das Arbeitskräfteangebot weiter steigt, vor allem aus dem Ausland, kommt es in Österreich nicht zu einem rascheren Rückgang. Auch wenn der Arbeitsmarkt in vielen osteuropäischen Staaten "leergefegt" sei, sei der Lohnunterschied zu Österreich immer noch so hoch, dass vor allem gut qualifizierte gerne nach Österreich gehen. "Wir sehen nicht, dass aufgrund der guten Entwicklung in Zentral- und Osteuropa die Attraktivität des heimischen Arbeitsmarktes irgendwo gelitten hat", so Brezinschek. Probleme befürchtet er aber eher in Osteuropa - der Brain Drain dürfte dort auf Dauer die Konjunktur dämpfen.

Die Entwicklungen dürften auch auf das Zinsniveau durchschlagen. Brezinschek erwartet, dass die EZB Anfang 2019 aufhören wird, den Markt mit Geld zu überschwemmen (Ende für Quantitav Easing). Mitte des ersten Halbjahres 2019 werde dann der "Zinsnormalisierungsprozess" beginnen. Wie es mit dem Leitzins in Europa weitergeht, hänge aber auch von Personalentscheidungen in der EZB ab - nicht erst dann, wenn im Oktober 2019 EZB-Chef Mario Draghis Amtszeit endet und an seine Stelle vielleicht ein Deutscher kommt, der die Geldzügel straffer anziehen könnte. Brezinschek erwartet für 2019 "zwei, drei Zinsschritte" der EZB, wobei auch danach der Leitzins noch deutlich unter der Inflationsrate liegen würde. Das sei also "noch keine richtige Zinsnormalisierung". Immerhin könnte im zweiten Quartal 2019 die "Phase der Strafsteuer auf die Einlagen ein Ende finden", was die Profitablität im Finanzsektor anheben sollte.

(APA)

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