Nullenergie: Technologie im Mittelpunkt

Oikos-Preisträger in der Kategorie ´Nutzbau´: Metro-Gebäude in St. Pölten.
Oikos-Preisträger in der Kategorie ´Nutzbau´: Metro-Gebäude in St. Pölten.(c) Andreas Scheriau
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Gewerbeimmobilien punkten immer öfter mit ausgeklügelter Technologie. Das nützt nicht nur der Umwelt – auch in den Betriebskosten spiegelt sich die Nachhaltigkeit wider.

Grün, grüner, am grünsten: Entwickler von Gewerbeimmobilien sind längst auf den Nachhaltigkeitszug aufgesprungen. So hat etwa der Großhandelsspezialist Metro in St. Pölten den ersten Plusenergie-Großmarkt Europas errichtet, der im Vorjahr eröffnet wurde. Sämtliche Baumaterialien wurden nach ökologischen Standards ausgewählt, das Gebäude wurde in Holzbauweise errichtet. Fenster, die über eine zentrale Steuerung geöffnet werden können, sorgen für genügend Tageslicht und machen eine Lüftungsanlage überflüssig. Mit der Abwärme aus den Kältemaschinen wird nicht nur der Markt beheizt, sondern auch Warmwasser erzeugt.
Der restliche Energiebedarf des rund 8500 Quadratmeter großen Marktes, in den rund 20 Millionen Euro investiert wurden, wird über eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach gedeckt. Das Projekt wurde im März mit dem Oikos 2018, dem Niederösterreichischen Holzbaupreis, in der Kategorie „Nutzbau“ ausgezeichnet, und erreichte wegen seiner nachhaltigen Bauweise auch die Vorstufe zur BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method)-Zertifizierung „Outstanding“. Diese ist nicht nur das älteste, sondern auch das am weitesten verbreitete Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen.

Rasches Bauen mit Holz

Auf Nachhaltigkeit sowie den Baustoff Holz setzt auch die Universität für Bodenkultur beim Bau ihres neuen Seminarzentrums. Bereits im Sommer 2019 soll mit dem Bau begonnen werden, im mittlerweile abgeschlossenen Architekturwettbewerb hat sich eine Bietergemeinschaft durchgesetzt, bestehend aus SwapArchitekten und Delta. Die Fertigstellung ist für den Spätsommer 2020 geplant, damit soll die Inbetriebnahme für das Wintersemester 20/21 ermöglicht werden. Auf einer Nutzfläche von rund 3100 Quadratmetern entstehen ein Seminarzentrum, eine Bibliothek mit 100 Leseplätzen sowie Institutsräume.
Abgesehen vom zum Teil erdberührten Sockel und dem Stiegenhaus ist das viergeschoßige Gebäude, für dessen Errichtung rund 15,5 Millionen Euro veranschlagt sind, aus vorgefertigten Holzelementen konstruiert. Energetisch soll Niedrigstenergiehausstandard erreicht werden.
Geheizt wird über Fernwärme, die Kühlung soll mittels eines Low-tech-Kühlsystems erfolgen. Dafür wird die Bodenplatte thermisch vom Gebäude getrennt und mit Absorber-Leitungen belegt, optional werden ergänzend noch Erdsonden errichtet und die Kühle über solegeführte Leitungen in einem Pufferspeicher gesammelt. Von diesem wird im Sommer Kaltwasser durch den Fußboden geleitet, so kann der Überwärmung der Räume entgegengewirkt werden.
Dass die Boku den Baustoff Holz schätzt, hat sie bereits beim Bau des Interuniversitären Departments für Agrarbiotechnologie (IFA) in Tulln bewiesen. Und das nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit: Neben den ökologischen Faktoren ist vor allem die kurze Errichtungsdauer das große Plus dieses Baustoffes.

Innovativer Turm in Graz

Forschungseinrichtungen wie etwa das Life-Zentrum für Klima, Energie und Gesellschaft der Joanneum Research, die TU Graz, die Grazer Außenstelle der ESA oder der Green-Tech-Cluster sowie diverse Green-Tech-Unternehmen haben in Graz den ebenfalls im Vorjahr eröffneten SFL Science Tower zu ihrer neuen Adresse erkoren. Der 60 Meter hohe Büroturm, ein Teil des vom Klima- und Energiefonds geförderten Forschungsprojekts „Smart City Graz“, zeigt auch, wie Architektur Energie nicht nur verbrauchen, sondern selbst produzieren, speichern und abgeben kann. Und das nicht nur an die Mieter, sondern auch an sämtliche Elektrofahrzeuge des Viertels.
Bauherr des 16 Millionen Euro teuren Turms ist die steirische SFL Technologies, ein Technologieunternehmen mit Fokus auf Energie- und Umwelttechnologien. So stammt auch jenes Energieglas, das im oberen Teil des Turms verbaut wurde, aus dem Hause SFL. Kernelement desselben ist die sogenannte Grätzelzelle, die Licht in elektrische Energie umwandeln kann. Von SFL wird auch das ebenfalls in der doppelschaligen Glasfassade verbaute Dünnglas, das dank eines Bades in geschmolzenem Salz besonders gehärtet wird und daher in Platten von nur drei Millimetern Dicke verbaut werden kann, produziert. Eine Geothermie-Anlage mit zwölf Erdwärmesonden mit je 200 Metern Tiefe und in Summe 2,4 Kilometern Länge versorgt den Science-Tower mit Wärme und Kälte.

Sonnenschutz mit Fotovoltaik

Eine weitere Innovation ist der fahrbare Sonnenschutz mit integrierter Fotovoltaik, der sich über rund ein Drittel des Turms erstreckt. Durch die zylindrische Form des Gebäudes folgt er im Tagesverlauf der Sonne und beschattet stets die ihr zugewandte Seite. Er besteht aus raumhohen Ultraleicht-Fotovoltaik-Paneelen, die exakt die Fenster der Innenfassade verdecken und im Augenblick der maximalen Beschattung maximale elektrische Energie erzeugen.
Überschussenergie wird gespeichert oder ins Smart Grid der Smart City Graz eingespeist. Diese energieeffiziente, ressourcenschonende und emissionsarme Stadt, die höchste Lebensqualität bieten soll und in der neueste Energietechnologien zum Einsatz kommen, soll bis 2024 Stück für Stück von Privatinvestoren und öffentlicher Hand auf mehr als 400 Hektar in den Bezirken Gries, Lend, Eggenberg und Wetzelsdorf realisiert werden. Geplant sind Wohnungen für mehr als 7000 Menschen, Büros, Schulen, Kindergärten und Nahversorger im Bereich Gewerbe und Gastronomie.

Auf einen Blick

Holzbauweise. Diese kommt immer häufiger auch bei Gewerbeimmobilien zur Anwendung – wegen ihrer Nachhaltigkeit und wegen der kurzen Errichtungsdauer.
Energie. Fotovoltaik zur Stromerzeugung wird immer mehr zum Standard. Idealerweise können Gebäude auch gleich die Elektrofahrzeuge der Umgebung mitversorgen. Ein Beispiel dafür ist der SFL Science Tower in Graz.

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