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Nach Antisemitismus-Skandal: Westernhagen gibt Echo-Preise zurück

Echo 2017 - Marius Mueller-Westernhagen
Echo 2017 - Marius Mueller-WesternhagenAPA/dpa Pool/Rainer Jensen
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Obwohl sich die Echo-Veranstalter entschuldigen, reißt die Kritik nicht ab. Immer mehr Preisträger geben ihre Trophäen zurück. Die Kulturministerin sieht ein Versagen des Ethikrates.

Der deutsche Musikpreis Echo steht vor einem Scherbenhaufen: Am Dienstag kündigte auch Musiker Marius Müller-Westernhagen (69) an, nach den Antisemitismus-Schlagzeilen alle seine Echo-Trophäen zurückzugeben. Der Veranstalter des Musikpreises entschuldigte sich und sprach angesichts des Echos für ein umstrittenes Rap-Album von einem Fehler.

"Die Verherrlichung von Erfolg und Popularität um jeden Preis demotiviert die Kreativen und nimmt dem künstlerischen Anspruch die Luft zum Atmen. Eine neue Stufe der Verrohung ist erreicht", erklärte Müller-Westernhagen auf Facebook.

Am vergangenen Donnerstag waren die Rapper Kollegah und Farid Bang für ihr Album "Jung, Brutal, Gutaussehend 3" ausgezeichnet worden. Es enthält Textzeilen wie "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" und "Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow". Dass diese Musik beim Echo preiswürdig ist, hatte heftige Kritik und eine Debatte um Judenfeindlichkeit ausgelöst.

"Ich bin nicht der Meinung, dass die mit dem Echo ausgezeichneten Rapper Antisemiten sind. Sie sind einfach erschreckend ignorant", schrieb Müller-Westernhagen. Zuvor hatten sich bereits der Pianist Igor Levit, Dirigent Enoch zu Guttenberg und das Notos Quartett von ihren Preisen beim Echo Klassik distanziert. Das Management der 17-fachen Echo-Preisträgerin Helene Fischer äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.

Musikindustrie: Preis für Rap-Album ein Fehler

Der Musiker und Grafiker Klaus Voormann hatte den erst vor wenigen Tagen überreichten Echo für sein Lebenswerk zurückgegeben. Westerhagen sagte, er schließe sich seinem geschätzten Kollegen Voormann an. "Das schafft Platz bei mir zu Hause und in meinem Herzen."

Der Bundesverband Musikindustrie nannte den Echo für das Rap-Album am Dienstag einen Fehler. Der Vorstandsvorsitzende Florian Drücke schrieb an die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch: "Wir entschuldigen uns ausdrücklich dafür - bei Ihnen und allen anderen Menschen, deren Gefühle wir verletzt haben."

Knobloch hatte die Auszeichnung als "verheerendes Zeichen" bezeichnet. Gerade erst entstehe in Deutschland die "ersehnte Sensibilität für den erstarkten Antisemitismus in unserer Gesellschaft, insbesondere an Schulen".

"Freiheit der Kunst hat Grenzen überschritten"

Der Präsident des Deutschen Kulturrats, Christian Höppner, zieht sich aus dem Echo-Beirat zurück. Das Gremium hatte sich gegen den Ausschluss eines umstrittenen Rap-Albums entschieden. Dies sei ein "Fehler" gewesen, so Höppner.

Der Echo ist der wichtigste deutsche Musikpreis, eine Art deutscher Grammy. Er wird nach Verkaufszahlen und Juryempfehlung vergeben. In strittigen Fällen wird ein Beirat angerufen. Im Fall des Rap-Albums hieß es vor der Verleihung, die künstlerische Freiheit sei in dem Text "nicht so wesentlich übertreten", dass ein Ausschluss gerechtfertigt wäre.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sprach vom "Versagen" des Ethikrates. "Die Freiheit der Kunst ist in Deutschland garantiert, aber sie hat ihre Grenzen da überschritten, wo Holocaust-Opfer verhöhnt werden", sagte Grütters. "Wie dehnbar der Begriff der Kunst ist, sieht man, wenn er wie hier gelten soll für eine Ansammlung stumpfer Plattheiten, antisemitischer Ausfälle und frauenfeindlicher Beleidigungen."

(APA/dpa)

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