Stars der Wiener Moderne

Gleich zwei Zeichnungen von Schiele bekommt der erfolgreiche Käufer dieses Blatts. Auf der Rückseite ist ein liegender Akt.
Gleich zwei Zeichnungen von Schiele bekommt der erfolgreiche Käufer dieses Blatts. Auf der Rückseite ist ein liegender Akt.(c) Dorotheum
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Zu den Top-Losen der Auktionswoche im Wiener Dorotheum zählen Arbeiten von Egon Schiele, Gustav Klimt und Koloman Moser.

1918 ist das Jahr der Wiener Moderne. Denn vor 100 Jahren starben gleich vier der bedeutendsten Künstler der Wiener Moderne: die Maler Gustav Klimt und Egon Schiele, der Wiener Werkstätten-Künstler Koloman Moser und der Architekt Otto Wagner. Sie prägten nachhaltig das Kulturschaffen einer Epoche, die mit dem Ersten Weltkrieg zu Ende ging. Neben zahlreichen Ausstellungen kommen heuer auch verstärkt Werke der Künstler auf den Kunstmarkt.

So widmet das Wiener Dorotheum bei der Auktionswoche kommende Woche im Rahmen der Versteigerung Klassischer Moderne einen Schwerpunkt der Wiener Moderne. Zu den Höhepunkten gehört etwa eine Zeichnung von Egon Schiele aus 1914. Das Blatt ist beidseitig bemalt, auf der Vorderseite ein „Knieender weiblicher Akt“, auf der Rückseite ein „Liegender weiblicher Akt“, wobei der knieende Akt nicht von Schiele selbst koloriert wurde, sondern wahrscheinlich von seinem Schwager Anton Peschka. Das aus einer österreichischen Privatsammlung stammende Werk ist auf 350.000 bis 500.000 Euro geschätzt.

Der Markt für Schiele zeigt sich laut Daten der Kunstpreisdatenbank Artprice sehr robust. Das liegt nicht zuletzt an einer verstärkten Präsenz auf dem Auktionsmarkt. So gelangten im Herbst 2015 24 herausragende Zeichnungen aus der Alfred-Taubman-Sammlung bei Sotheby's zur Versteigerung und erzielten Preise von zwischen 100.000 Dollar und drei Millionen Dollar. Zwei Jahre zuvor versteigerte Sotheby's drei Papierarbeiten, die aus dem Leopold-Museum stammten, darunter das Selbstbildnis mit Freundin Wally Neuzil als Liebespaar, das bei sieben Millionen Pfund den Besitzer wechselte und einen neuen Rekord für eine seiner Arbeiten auf Papier markierte. Christie's versteigerte im Vorjahr einen kolorierten kauernden weiblichen Akt mit blonden Haaren und aufgestütztem Arm um 2,9 Millionen Euro, und auch das Dorotheum reüssierte mit einer Schiele-Zeichnung. Die „Liegende Frau“ brachte bei der Moderne-Auktion im November 2,3 Millionen Euro, und damit das höchste österreichische Auktionsergebnis des Vorjahres.

Von Gustav Klimt, dem Förderer und Freund Schieles, wird ebenfalls eine Bleistiftzeichnung aus einer Privatsammlung angeboten. Sein „Liegender weiblicher Halbakt“ wird mit 38.000 bis 58.000 Euro aufgerufen. Den zweithöchsten Preis für ein Werk von Klimt schlug Sotheby's mit 49,5 Millionen Euro erst im Vorjahr für das Gemälde „Bauerngarten“ zu. Bei seinen Zeichnungen erzielte das Wiener Auktionshaus im Kinsky im Vorjahr für „Liegender Halbakt mit angezogenem linken Bein“ mit 240.000 Euro einen der höchsten Preise der letzten Zeit.

Schwieriger Kirchenbau. Licht, Luft, Zweckdienlichkeit, Komfort – 1899 postulierte Otto Wagner in der Studie „Die Moderne im Kirchenbau“ seine Forderungen an den zeitgemäßen Kirchenbau. Die Kritiker reagierten empört. Nur für den Bau eines Gotteshauses für „Geisteskranke“ am Steinhof schienen die Ansprüche des Architekten gerechtfertigt, der Bau wurde 1904 genehmigt. Otto Wagner beauftragte seinen Freund Koloman Moser mit der Gestaltung von Fenstern und Altären des Kirchenraumes. Doch ähnlich wie Wagner erging es auch Kolo Moser: Der Entwurf des Altarbildes stieß auf Ablehnung. Am Ende blieben nur seine Fenster. „Also bitte! Lasse deinen Traum von einem Einheitskunstwerk fahren“, schrieb Kolo Moser in der Folge an Wagner. Vier Entwurfszeichnungen für die Fenster der Kirche am Steinhof kommen jetzt mit einem Schätzwert von jeweils 4000 bis 7000 Euro im Dorotheum zum Aufruf.


Bilder mit Schlitz. Neben der Klassischen Moderne steht bei der Auktionswoche die zeitgenössische Kunst auf dem Programm. Stark vertreten waren zuletzt im Dorotheum Werke von Lucio Fontana. So gelangen auch diesmal zwei Gemälde aus den 1960er-Jahren – in Pink und Grün – zum Aufruf. Das Tafelbild „Concetto Spaziale Attesa“ aus 1964/65 hat einen Schätzwert von 480.000 bis 650.000 Euro, „Concetto Spaziale Attesa“ aus 1968 400.000 bis 600.000 Euro.

Erwähnenswert ist auch ein Bild des amerikanischen Künstlers Philip Guston aus dem Jahr 1957, der abstrakten Phase des Künstlers. Er gehörte zu den bedeutendsten Vertretern des abstrakten Expressionismus und gilt als Vorläufer des New Image Painting. Seine Arbeit ohne Titel soll 300.000 bis 400.000 Euro bringen.

Übrigens gehörte eine späte Arbeit Gustons auf der Kunstmesse Tefaf New York Spring, die diese Woche zu Ende ging, zu den teuersten Verkäufen des Eröffnungstages. Hauser & Wirth konnte das Gemälde „Forms on Rock Ledge“ aus 1979 für 5,5 Millionen Dollar verkaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2018)

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