Englands neuer Fußballtraum

Kiews neuester Schmuck unter Kirchtürmen: ein Nachbau der Champions-League-Trophäe.
Kiews neuester Schmuck unter Kirchtürmen: ein Nachbau der Champions-League-Trophäe.(c) REUTERS (VALENTYN OGIRENKO)
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Erst das Champions-League-Finale mit Liverpool, dann die WM in Russland mit den Three Lions: Auf Alexander-Arnold und Jordan Henderson warten zwei Herausforderungen.

Liverpool/Kiew. Gareth Southgate hat bereits gewonnen. Mit der Wahl seiner Truppe für die Fußball-WM in Russland hat der englische Teamchef überrascht – und sogar die kritische Öffentlichkeit auf seine Seite gebracht. „Weiter so“, zollte Gary Lineker, Tottenham-Legende und einer der einflussreichsten Kommentatoren seines Landes, Beifall. Mit einem Durchschnittsalter von 25,5 Jahren ist der englische Kader der drittjüngste der WM-Geschichte.

Southgate wagte damit den überfälligen Schnitt und ließ Minderleister oder Spieler jenseits ihres Höhepunkts endlich zuhause. Zum Kapitän kürte er Tottenham-Stürmer Harry Kane, der sich voller Zuversicht äußerte: „Ich glaube, wir können den WM-Titel gewinnen“, meinte der 24-Jährige, der bisher auf zwölf Tore in 23 Länderspielen zurückblicken kann. „Wir sind sicher nicht die Favoriten. Aber wer hätte bei Saisonbeginn gedacht, dass Liverpool im Champions-League-Finale stehen wird?“

Reds-Teenager als Debütant

Die Roten sind im WM-Kader mit Mittelfeldspieler Jordan Henderson und Verteidiger Trent Alexander-Arnold vertreten. Adam Lallana, in der abgelaufenen Saison meist verletzungsbedingt außer Gefecht, steht auf der Reserveliste. Ist Henderson mit seinen 27 Jahren und als Liverpool-Kapitän eine fixe Größe, gilt die Nominierung seines Teamkollegen Alexander-Arnold als eine der Überraschungen im „Mutterland des Fußballs“. Warum? Der 19-Jährige hat bisher kein einziges Spiel im Dress der Three Lions abgeliefert.

Dass er aber ein junger Löwe ist, demonstrierte er diese Saison eindrucksvoll. Nur zwei Jahre, nachdem er in die Club Academy aufgenommen worden war, übernahm er die Position des rechten Außenverteidigers in einer Art und Weise, die den verletzten Nathaniel Clyne weitgehend vergessen machte, obwohl dieser kurz zuvor noch als eine der großen Zukunftshoffnungen des englischen Fußballs gegolten hatte.

Wie es sich für einen Zögling von Liverpool-Manager Jürgen Klopp geziemt, ist Alexander-Arnold enorm gefährlich mit seinen blitzschnellen Vorstößen, insbesondere im Wechselspiel mit Linksverteidiger Andrew Robertson. Der ist mindestens ebenso gut – aber als Schotte nicht bei der WM dabei. Anders als andere Klopp-Lieblinge ist Alexander-Arnold aber auch nach hinten kein „Schlaucherl“. Zu den Spielern, die er in dieser Saison abmontierte, zählten u. a. Marcus Rashford, Leroy Sane oder Wilfried Zaha.

Und jetzt Cristiano Ronaldo

Nun wird erwartet, dass er sich im Champions-League-Finale in Kiew gegen Real Madrid um Cristiano Ronaldo kümmern wird dürfen. „Ich werde ihm mit Respekt begegnen, aber nicht zuviel“, sagte er vor dem Abflug in die Ukraine. „Ich habe einen Job zu erledigen, und ich versuche immer, mein Bestes zu geben.“

Gerade die Schnelligkeit der Außenverteidiger und das rasante Überbrücken des Mittelfelds werden für Liverpool wohl die beste Chance auf einen Erfolg gegen die wesentlich routiniertere, aber schon sichtlich ältliche Mannschaft des Weißen Balletts darstellen. Trotzdem, die Königlichen hoffen auf das Triple. Liverpool lechzt nach dem ersten CL-Triumph seit nunmehr 13 Jahren.

Dass der Ball im Mittelfeld nicht stecken bleibt, wird eine der Hauptaufgaben von Henderson sein. Auch er hat sich unter Klopp über alle Erwartungen entwickelt. Unter dem deutschen Fußballlehrer wurde Henderson zu einem der weitsichtigsten Bälleverteiler der Premier League.

Von einem Erfolg Liverpools am Samstag erhofft sich das Nationalteam Rückenwind. „Wir wollen, dass sie gewinnen, denn dann wissen sie, was dafür notwendig ist an Einsatz und Einstellung“, sagt Teamchef Southgate. Liverpools bis dato letzter Teamspieler, der die Champions-League-Trophäe stemmen konnte, war Steven Gerrard. Er war dabei, als die Reds 2005 ein 0:3 zur Halbzeit in einen Sieg nach Elfmeterschießen über AC Milan verwandelten. Plus ça change. „Einfach gewinnen können wir einfach nicht“, sagte Klopp nach dem Aufstieg gegen AS Roma. Ob das Gareth Southgate auch so sieht?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2018)

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