Mit der Befüllung des Ilisu-Staubeckens an den türkischen Tigris-Läufen schürt Ankara im Irak die Angst vor einer Dürre.
Während die Gebetsrufe das abendliche Fastenbrechen im Ramadan verkündeten, versetzte ein ungewöhnliches Schauspiel die Bewohner von Bagdad in Panik. In der Dämmerung wateten junge Männer durch den breiten Tigris, das Wasser ging ihnen höchstens bis zu den Oberschenkeln. Noch nie in den vergangenen hundert Jahren war der Wasserstand des weltbekannten Stroms so niedrig. Und so trat eilends der Nationale Sicherheitsrat zu einer Krisensitzung zusammen.
Denn anders als vereinbart, begann die Türkei bereits am 1. Juni, das umstrittene Ilisu-Staubecken nördlich der irakischen Grenze zu füllen. Mindestens ein Jahr soll die Drosselung dauern, die dem Tigris nach Schätzungen von Fachleuten bis zu 40 Prozent seiner Wassermenge entzieht. Mitte Juni jedoch machte die Türkei einen kleinen Rückzieher, ließ die Schleuse wieder öffnen und nannte nun den 1. Juli als neues Fülldatum – aus Rücksicht auf den heiligen Fastenmonat, hieß es in Ankara.