Science Busters: "Es brennt öfters etwas ab"

Science Busters brennt oefters
Science Busters brennt oefters(c) Clemens Fabry
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Die Science Busters bringen das 25. Programm in 2,5 Jahren auf die Bühne. Mit der "Presse am Sonntag" sprachen die vier Herren über Bildung, Experimente und dramaturgisches "Dissen".

Tierschutzdiskussionen will er keine auf der Bühne, sagt Martin Puntigam, Showmaster der Wissenschaftskabarett-Truppe Science Busters. Dass der Goldfisch draufgeht, habe er ohnehin nicht befürchtet – trotz der Tausenden Volt, die durch das Aquarium gejagt wurden. Aber wie soll man den Menschen sonst erklären, warum Fischen im Wasser bei Gewitter nichts passiert? Experimentalphysiker Werner Gruber setzt auf der Bühne eben gern auf Experimente. „Da sich Strom im Wasser besser fortbewegt als im Fisch, fließt der Strom am Fisch vorbei“, erklärt er. Der Goldfisch überlebt also. Für die Ostervorstellung konnte Gruber aber noch überzeugt werden, das Experiment, einen Hasen zu kreuzigen, wegen der Tierschutzdiskussion zu lassen. Die „Cruzifiction Party“ in München (23.März) wird ohne Versuchsosterhasen auskommen.

Zuvor steht den Science Busters noch ein Meilenstein im Rabenhof bevor: Am 15. März startet die „Physik des Paranormalen“ über esoterischen Unfug. „Das ist die 25. Premiere in 2,5 Jahren“, rechnet Puntigam vor. Er kam als Dritter in „die schärfste Science-Boygroup der Milchstraße“ und leitet den Ablauf der Stücke. Initiator war der Astrophysiker der TU Wien, Heinz Oberhummer: „Gemeinsam mit Werner Gruber habe ich schon die Wissenschaftsvermittlung ,Science in Film‘ gestaltet. Aber noch besser ist, es als Kabarett zu tarnen.“

Da Puntigam in einem früheren Programm ein Elementarteilchen spielte, war er ihr Kandidat. Er sagte zu, erzählte dem Audio-Visual-Künstler Christian Gallei davon, und alle waren enthusiasmiert – die Science Busters starteten im November 2007. „Seit der zweiten Vorstellung sind wir ausverkauft, jetzt haben wir die 100.Vorstellung“, sagt Gruber. Die Showelemente sind wichtiger Teil: „An der Uni fehlt eine solche Technik, dort wird auf nüchterne Vermittlung gesetzt.“Gallei bietet auf drei Videowalls Audiovisuals. „Ich habe ein eigenes Softwareprogramm entwickelt, um mit dem Tempo auf der Bühne mitzuhalten“, sagt er.

Beim Besuch der Vorstellung fällt dem Zuseher auch das Tempo auf, in dem Demütigungen zwischen den Protagonisten hin- und herfliegen. Puntigam neckt Oberhummer, er sei zu alt, Gruber zu blad. Und zwischen den beiden Physikern läuft das Match TU versus Uni Wien, das so alt ist wie der Kampf zwischen Rapid und Austria. „Das gegenseitige Dissen hat Unterhaltungswert“, sagt Puntigam: „Wir bieten eine Mischung aus Belustigung, Abscheu und Scham, um das Publikum in die Show reinzuziehen.“ Auch sein Outfit (neonrosa, hauteng) „ist ein hervorragender Katalysator. Wenn ich g'schissen ausschau, denken sich die Leute: Was kommt da jetzt?“

Nacktscannerkönig. Das Demütigen der Physiker kann den Zusehern das Gefühl geben, „der ist einer von uns“, meint Oberhummer. Denn ein Bewundern der Kapazunder – immerhin war Oberhummer für den Nobelpreis nominiert – würde langweilen. Gruber gilt derzeit auch im Internet als Kapazunder: „Er ist der YouTube-Nacktscannerkönig“, sagt Puntigam. Auf Bitte des ZDF flog Gruber nach Hamburg, um einen Bodyscanner auszutricksen. Das leicht erhältliche Mittel Thermit brennt mit 4000 °C und kann, an der „richtigen“ Stelle im Flugzeug platziert, zum Absturz führen. Eine beträchtliche Menge davon schmuggelte Gruber live auf Sendung durch den Bodyscanner.

„Dass der Auftritt in Deutschland innenpolitisch so viel bewegt, hat mich überrascht. Ich wurde vom Polizeisicherheitsdienst Wiesbaden als Konsulent angefragt. Inzwischen hab ich schon eine Idee, wie man den als unschlagbar geltenden X-Ray-Scanner austricksen kann“, schmunzelt Gruber.

Direkt vor dem Interview spielten die Science Busters eine Vorstellung für Kinder: „Da sind mit Thermit brennende Eisenkugerln übern Boden ausgefahren“, so Gruber, und Puntigam antwortet aus Erfahrung: „Der sicherste Platz auf der Bühne ist hinter dem Werner. Es brennt öfters etwas ab.“ „Ich bringe auch Sachen auf die Bühne, bei denen Universitätskollegen neidisch werden“, so Gruber. Etwa den frisch erstandenen 250-Milliwatt-Laser: „Mit dem kannst auf zehn Meter eine Zigarette anzünden.“

Eintritt für Physikstunde. Ob den Science Busters wichtiger ist, die Leute gut zu unterhalten oder sie für Physik zu begeistern, beantworten sie einhellig mit: „Beides.“ Auch auf der Uni darf bei Oberhummers und Grubers Vorlesungen gelacht werden. „Eigentlich bräuchte jede Uni-Abteilung einen Techniker für audiovisuelle Unterstützung der Vorträge“, sagt Gruber. Für die Bühne wird jedenfalls auf Formeln und Fremdwörter verzichtet, und durch die Zwischenfragen von Puntigam wird jede wissenschaftliche Neuigkeit auf einfachstes Niveau runtergebrochen. „Letztens hat ein älterer Herr zu uns gesagt: ,Ich hätte nie gedacht, dass ich je für eine Physikstunde Eintritt bezahle!‘“, erzählt Oberhummer lachend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2010)

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