EU-Gutachter: Auch straffällige Flüchtlinge dürfen nicht abgeschoben werden

Selbst wenn einem Kriminellen das Asylrecht entzogen wird, müsse er seinen Flüchtlingsstatus nicht verlieren, sagt ein Gutachter am Europäischen Gerichtshof.

Auch schwer straffällig gewordene Flüchtlinge dürfen unter Umständen nicht abgeschoben werden. Der Entzug des Asylrechts beeinträchtige nicht den Anspruch auf Schutz durch die Genfer Flüchtlingskonvention und die Grundrechte der EU. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten eines Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH), das am Donnerstag in Luxemburg veröffentlicht wurde.

In den vorliegenden Fällen klagten drei Asylbewerber, denen Belgien beziehungsweise Tschechien die Anerkennung verwehrten, nachdem sie wegen besonders schwerer Straftaten verurteilt worden waren. Der EuGH soll klären, ob der Entzug des Flüchtlingsstatus mit dem Genfer Abkommen und damit auch mit den Grundrechten der EU vereinbar ist. Dem Gutachter zufolge ist er das - da er die Grundrechte nicht beeinträchtigt.

Demnach dürfen EU-Mitgliedsstaaten den Flüchtlingsstatus verweigern oder aberkennen, wenn der Betreffende eine Gefahr für die dortige Sicherheit oder für die Allgemeinheit darstellt - etwa weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde. Damit verlieren die Betroffenen bestimmte Rechte wie der Zugang zu Beschäftigung, Wohnraum und Sozialhilfe.

Empfehlung ist nicht bindend

Die Person verliere damit aber nicht ihre Eigenschaft als Flüchtling, die von der Anerkennung durch Staaten unabhängig sei, argumentierte Generalanwalt Melchior Wathelet. Die Staaten müssten den Asylantrag trotzdem prüfen und gegebenenfalls die von der Genfer Konvention festgeschriebenen Flüchtlingsrechte zugestehen.

Dazu gehören etwa Gleichbehandlung, Zugang zu Bildung und Gerichten und auch der Schutz vor Ausweisung. Zwar sieht auch die Konvention vor, dass schwere Straftäter oder nachweisliche Sicherheitsgefährder abgeschoben werden dürfen. Dem steht aber laut Wathelet unter anderem die EU-Grundrechte-Charta entgegen, etwa wenn nach der Ausweisung Folter oder andere unmenschliche Behandlung droht.

Die Empfehlung des Gutachters ist nicht bindend. Die EuGH-Richter folgen der Einschätzung oft, aber nicht immer. Ein Urteil dürfte in einigen Monaten fallen.

(APA/dpa)

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