Analyse. Frankreich gewinnt mit dem 4:2 gegen Kroatien die Fußball-WM 2018, feiert den zweiten Titel nach 1998. Teamchef Deschamps führt Regie – Pogba und Mbappé gehört auch die Zukunft.
Frankreich ist Fußball-Weltmeister 2018. Die Mannschaft von Didier Deschamps gewann das WM-Finale von Moskau gegen Kroatien mit 4:2 und krönte sich zum zweiten Mal nach 1998 zum Champion. Treffer von Mandzukić (Eigentor), Griezmann (Elfmeter), Pogba und Mbappé sicherten der Équipe Tricolore den vollen Erfolg im torreichsten Endspiel seit 1966. Kroatien, die Überraschung des Turniers, hielt zwar dagegen, gab auch nach dem vierten 0:1-Rückstand in Serie nicht auf, schaffte diesmal jedoch nur noch zwei Tore.
Effizientes Spiel, treffsichere Stürmer, eine solide Abwehr – Frankreich überzeugte bei dieser WM. Leistungsträger wie Pogba, Mbappé, Torhüter Lloris oder Umtidi formten ein Kollektiv, das gezielt die Taktik umsetzte, die Deschamps – das Mastermind an der Seitenlinie –, vorgegeben hatte. Dass just der Weltmeister das einzige 0:0 dieser Endrunde (gegen Dänemark) zu verantworten und auch im Endspiel über weite Strecken wenig bis nichts gezeigt hat, passt in dieses Bild. Der Trainer hatte keinerlei Risiko verlangt.
Meister der ruhenden Bälle
Deschamps sollte mit seinen Überlegungen Recht behalten. Nach dem verlorenen EM-Finale 2016 (0:1 gegen Portugal) war seine Mannschaft, deren Spieler in den besten Ligen Europas auftreten, jetzt bereit. Dazu überragte die individuelle Qualität von Pogba oder Griezmann, dazu hielten die kollektiven Nerven, als die Kroaten nach dem Elfmeter zum 2:1 und dem Chaos rund um die so umstrittene Videobeweislast neue Angriffe starteten.
Das Finale in Bildern
Dieser Titel ist der Beginn einer neuen Dynastie, das Alter spricht klar für die Franzosen. Pogba (25), Varane (25), Umtidi (24) und Mbappé (19; drittjüngster Spieler im WM-Finale nach Pelé 1958 und Giuseppe Bergomi 1982) sind Aushängeschilder. Bei der WM in Katar 2022 erst hätten sie das beste Fußballer-Alter erreicht.
Vier Gegentore auf dem Weg bis ins Endspiel sprechen eine klare Sprache. Dazu kommt N'Golo Kanté, 27, der es versteht, das Mittelfeld zu führen. Er „montierte“ unter anderem Argentiniens Superstar Lionel Messi ab, dann war der Belgier Kevin De Bruyne sein Ziel. Im Finale erhielt er von Deschamps die Spezialaufgabe: Modrić isolieren, Spielfluss unterbinden – und das an sich fast perfekte Umschaltspiel noch schneller gestalten. Mit seiner Laufstärke und Antizipation war Kanté auch der erfolgreichste „Abfangjäger“ dieser WM.
Das Finale in Bildern
Deshalb konnten es sich die Franzosen auch leisten, einen Mitläufer wie Mittelstürmer Olivier Giroud (Chelsea) einzusetzen. Kein einziger Torschuss im Endspiel, kein Tor im ganzen Turnier, aber ein Brecher, Wegbereiter – und angeblich ein intern beliebter Stimmungsmacher.
Für Deschamps, dem die Spieler blind vertrauen wie einer Vaterfigur, schloss sich ein Kreis. 1998 hatte er als Spieler den Titel gewonnen, jetzt hat es der 49-Jährige als Trainer geschafft und zog in einen elitären Kreis ein. Nur Mário Zagallo und Franz Beckenbauer schafften dieses Doppelpack-Kunststück vor ihm. Sein Beispiel zeigt, dass Kontinuität der Erfolgsgarant sein kann im Trainersektor. Der Pragmatiker ist seit 2012 im Amt, der längstdienende Teamchef Frankreichs hat aber noch eine Rechnung offen. Eine, die er bei der EM 2020 begleichen will.
Frankreich ist erst die sechste Nation, die den WM-Titel mehr als einmal gewonnen hat. Öfter erfolgreich waren nur Rekord-Champion Brasilien (5), Deutschland und Italien (je 4). Frankreich wurde damit zum Meister der ruhenden Bälle. Standardsituationen prägten diese WM, 68 Treffer (von 169) fielen nach Eckbällen, Freistößen oder Elfmetern.
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Die Polit-Punk-Gruppe hat die "Flitzer-Aktion" für sich beansprucht. Sie forderte auf Facebook unter anderem die Entlassung von politischen Gefangenen in Russland.
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