Verlags- und Buchbranche: Zwischen den Zeilen

Zwischen Zeilen
Zwischen Zeilen(c) AP (Seth Wenig)
  • Drucken

Marketing, Beratung, Recht: Auch in Zeiten des E-Books setzt die Weiterbildung noch auf bewährte Inhalte. "Die Branche weiß derzeit nicht, wie es weitergehen soll“, formuliert es ein Verlagsgeschäftsführer.

Auf der derzeit stattfindenden Leipziger Buchmesse (17. bis 21. März) ist das Thema E-Book zwar nicht das einzige – auch über das Urheberrecht wird eifrig diskutiert –, aber wohl das nachhaltigste, wobei der Tenor überrascht: E-Books sind der Markt der Zukunft, so die neue Linie. Man bereitet sich also darauf vor, dass die in den USA deutlich spürbare Wandlung von Print zu Digital auch im deutschsprachigen Raum eintritt. In Übersee macht Amazon bereits mehr als die Hälfte seiner Umsätze mit E-Books. Hierzulande war die Entwicklung hin zur digitalen Lektüre bislang wenig merkbar. So setzt man hier auch in Sachen Weiterbildung grundsätzlich auf Bewährtes.

„Die Branche weiß derzeit nicht, wie es weitergehen soll“, formuliert es Elmar Weixlbaumer, Geschäftsführer des Goldegg-Verlags. Nicht nur das E-Book an sich ist eine Herausforderung, sondern auch die steigende Tendenz zum Gratisdownload – eine ganz ähnliche Entwicklung wie im Musikbereich. Die springende Frage sei, wie Projekte angesichts des dadurch zu erwartenden Einnahmenschwunds künftig finanziert werden – ganz zu schweigen vom Sicherstellen einer gewissen Qualität der Inhalte.

Publizieren als Hausaufgabe

Mit diesen und ähnlichen Fragen werden sich ab dem 21. April auch die Teilnehmer des von der Volkshochschule Ottakring angebotenen und von Weixlbaumer geleiteten zweisemestrigen Lehrgangs „Werkstätte Buchverlag“ auseinandersetzen. Besonderes Augenmerk wird neben verlagstypischen Arbeitsabläufen und betriebswirtschaftlichen sowie rechtlichen Fragen auf die Vermarktung und Pressearbeit gelegt. „Das ist ganz besonders wichtig“, so Weixlbaumer. „Und natürlich befassen wir uns mit dem E-Book und anderen Entwicklungen, mit denen wir umzugehen lernen müssen.“ Im Rahmen des Lehrgangs bekommen die Teilnehmer auch die Möglichkeit, Erlerntes in die Praxis umzusetzen: Sie müssen einen Verlag gründen und ein Buch zur Publikationsreife bringen. Zielgruppe sind Mitarbeiter von Verlagen ebenso wie nicht einschlägig Kundige.

Praxisworkshop

Dass Marketing eine große Rolle für den Buchhandel spielt, sagt auch Werner Neudorfer, Geschäftsführer der Fachgruppe Buch- und Medienwirtschaft der Wirtschaftskammer Wien. Dementsprechend wird an der hauseigenen Akademie der Praxisworkshop „Buch-Marketing“ angeboten. „Wir versuchen hier laufend, neue Entwicklungen zu thematisieren, um den Bedarf der Teilnehmer so gut wie möglich abzudecken“, erklärt Neudorfer. Zu den wichtigsten Inhalten gehört das Bestseller-Marketing. Dabei gehe es darum, sich eigeninitiativ von der Konkurrenz abzuheben und nicht nur auf Branchenübliches zu setzen.

Während sich „Buch-Marketing“ an die Mitarbeiter in Handel und Verlagen richtet, zielt das ebenfalls von der Fachgruppe Buch- und Medienwirtschaft angebotene Seminar „Erfolgreiche Beratung und Verkauf“ ausschließlich auf den Buchhandel ab. Hier bekommen die Teilnehmer neben einem rhetorischen Instrumentarium auch wichtige Skills mit auf den Weg, etwa wie man gesprächshemmende Barrieren abbaut oder Verkaufs- und Beratungsgespräche führt. Wie auch „Buch-Marketing“ ist dieses Seminar nicht nur Fachverbandsmitgliedern vorbehalten. Letztere kommen allerdings in den Genuss einer deutlichen Ermäßigung bei der Kursgebühr. Neudorfer ist höchst zufrieden mit der regen Nachfrage nach dem Weiterbildungsangebot der fachgruppeneigenen Akademie. Weniger Erfolg hatte man hingegen an der Donau-Universität Krems mit dem Masterstudium „Literaturmanagement und Literaturvermittlung“. Der berufsbegleitende Studiengang wird mangels Interesses derzeit nicht angeboten, wie Studiengangsleiterin Christine Grond erklärt. „Wie es scheint, ist das Bewusstsein für Weiterbildung unter Verlagsmanagern nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Managementbereichen“, so Grond. Sie vermutet, dass hier auch die vergleichsweise eingeschränkten Verdienstmöglichkeiten eine entscheidende Rolle spielen.

Positionierungsfrage

Ein breites Spektrum an einschlägigen Ausbildungen bietet die Hochschule der Medien in Stuttgart an – etwa den Studiengang „Mediapublishing“. Zusätzlich zu den traditionellen Schwerpunkten Buch, Presse und Druck werden auch elektronische Kommunikationsmedien neu in den Lehrplan aufgenommen – laut Weixlbaumer eine gute Entscheidung. denn neue und interessante Medien würden schließlich die Realität in der Branche darstellen, auf die es sich einzustellen gilt. Viele Alternativen habe man schließlich auch nicht. Der Experte glaubt, dass die Buch- und Verlagsbranche in den kommenden Jahren vor einer großen Zäsur steht. „Viele kleine Verlage und Buchhändler werden nicht überleben: vor allem jene, die punkto Qualität nicht so gut aufgestellt sind“, so Weixlbaumer. Andererseits würden die Überlebenden die „Crème de la Crème“ darstellen. Wie eine Variante des Buchhandels in Zukunft ausschauen könnte, leben die großen Ketten bereits vor. Sie haben ihr Sortiment längst in Richtung Geschenke, Papierwaren oder Spielzeug ausgeweitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.