Philosophin Frick: „Die Grenzen des Sagbaren ausdehnen“

Zu einer Demokratie gehört es dazu, viele, auch extreme Meinungen auszuhalten, betont Philosophin Marie-Luisa Frick: „Jede Partei, die demokratisch legitimiert und verfassungskonform ist, muss als politischer Gegner ernst genommen werden.“
Zu einer Demokratie gehört es dazu, viele, auch extreme Meinungen auszuhalten, betont Philosophin Marie-Luisa Frick: „Jede Partei, die demokratisch legitimiert und verfassungskonform ist, muss als politischer Gegner ernst genommen werden.“APA/ROBERT JAEGER
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Die Innsbrucker Philosophin Marie-Luisa Frick plädiert dafür, in politischen Debatten die Toleranzgrenzen auszudehnen. Andere Weltanschauungen vorschnell zu ächten und ihre Vertreter zu beschämen schade der Demokratie.

Über Geschmack lässt sich nicht gut streiten, über Politik hingegen schon. Die Philosophin Marie-Luisa Frick fordert eine zivilisierte politische Streitkultur und mehr Zivilcourage in sozialen Netzwerken.

Die Presse: Wer glaubt, mit seiner Meinung auf Widerrede zu stoßen, schiebt nicht selten trotzig den Nachsatz „Das wird man doch noch sagen dürfen“ hinterher. Ein Totschlagargument. Aber soll man im Streit denn wirklich alles sagen dürfen?

Marie-Luisa Frick: Grundsätzlich braucht es auch im Streiten Grenzen des Sagbaren. Damit meine ich Gewaltaufrufe und unter Umständen auch Fälle von Hate Speech, also Hassrede, die Menschen dehumanisiert. Für solche Extreme gibt es aus guten Gründen rechtliche Grenzen. Das politische Gemeinwesen muss festlegen, wo diese Grenzen des Sagbaren liegen sollen. Bei uns sind diese Grenzen in Wirklichkeit eng. Ich persönlich präferiere das Modell der Vereinigten Staaten, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung rechtlich gesehen sehr weit geht und etwa auch Ehrenbeleidigung umfasst. Worüber sich viele Menschen zudem uneins sind, ist – um auf Ihr Zitat zurückzukommen –, ob es neben rechtlichen Grenzen auch moralische braucht.

Und, braucht es diese? Stichwort Political Correctness.

Die äußere Grenze, die definitiv gewahrt werden sollte, ist, wenn Menschen mit Tieren gleichgesetzt werden. Politische Korrektheit ist zum Kampfbegriff geworden, aber es gibt tatsächlich Begriffe, die sich geschichtlich wandeln. Die sind nicht harmlos, die sind toxisch. Und im Zweifel verliert niemand sein Recht auf freie Meinungsäußerung, wenn er problematische Begriffe ersetzt. Das ermöglicht einen respektvollen Dialog. Es ist wichtig, im Gespräch zu bleiben. Wenn man aber unterschiedlicher Meinung bezüglich des Sagbaren ist, muss man seine Gründe offenlegen und nicht den anderen reflexhaft beschämen.

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