Handelskonflikt: „China kann gegen USA nicht viel ausrichten“

FILE PHOTO: Chinese and U.S. flags are set up for a meeting during a visit by U.S. Secretary of Transportation Elaine Chao at China´s Ministry of Transport in Beijing
FILE PHOTO: Chinese and U.S. flags are set up for a meeting during a visit by U.S. Secretary of Transportation Elaine Chao at China´s Ministry of Transport in Beijing(c) REUTERS (Jason Lee)
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Die Verunsicherung in China über den eskalierenden Handelskonflikt ist groß, sagt Ökonom Zhang Jun. Die Führung in Peking sieht er in der Defensive, weshalb er ihr rät, sich mit anderen Ländern zusammenzutun.

Die Presse: Wie gefährlich ist der Handelskonflikt mit den USA für China?

Zhang Jun: Der Schaden der bisher erhobenen Strafzölle hält sich in Grenzen. Aber Donald Trump hat bereits klargemacht, dass er sich mit den bisherigen Maßnahmen nicht zufriedengibt, und weitere Strafzölle angekündigt. Dann könnte es bitter werden. China ist inzwischen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Insbesondere der Handel mit den USA hat China enorm vorangebracht und bleibt für die weitere wirtschaftliche Entwicklung wichtig. Ein Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften bringt in jeglicher Hinsicht erheblichen Schaden mit sich: für China, für die USA, für die ganze Welt.

Die chinesische Führung beteuert, das Land sei auf einen Handelsstreit bestens vorbereitet.

Diese Einschätzung teile ich nicht. Schon jetzt sorgt der Handelskonflikt für enorme Verunsicherung unter chinesischen Unternehmern. Sie können überhaupt nicht mehr abschätzen, was in den nächsten Monaten auf sie zukommt. Das Vertrauen ist dahin. Nicht einmal mehr die Regierung wagt eine Prognose, wie und ob dieser Konflikt gelöst werden kann. Derzeit exportiert China Waren im Wert von 508 Milliarden Dollar im Jahr in die USA. Das ist sehr viel.

Welche Strategie verfolgt China?

Die chinesische Regierung hat Gegenzölle verhängt. Das wird aber schon in der nächsten Runde nicht mehr aufgehen. China kann gar nicht so viele Strafzölle auf US-Waren erheben wie umgekehrt. Denn China importiert eben nicht so viel aus den USA. Peking hat nun Maßnahmen sowohl „quantitativer als auch qualitativer Art“ angekündigt. Was die chinesische Regierung sehr wahrscheinlich damit meint: Es gibt viele US-Unternehmen, die in China aktiv sind und investiert haben. Die könnte es dann direkt treffen.

Könnte China seine Währung, den Renminbi, abwerten und auf diese Weise dafür sorgen, dass die chinesischen Exporte günstig bleiben?

Das ist nicht mehr so leicht möglich – auch für die chinesische Führung nicht. Der Renminbi ist inzwischen nicht mehr nur an den Dollar gekoppelt. Der Wert richtet sich an einem Warenkorb einer ganzen Reihe von Währungen aus. Er wird sehr viel stärker als früher vom Markt bestimmt. Wenn der Renminbi, wie derzeit gerade, etwas schwächer bewertet wird, hängt das mit den Unsicherheiten im Zuge des Handelsstreits zusammen. Ein zu schwacher Renminbi ist auch gar nicht im Interesse der Führung in Peking. Denn das hieße, dass Kapital aus China abfließt und Ausländer weniger in China investieren. Erste Anzeichen dafür sehen wir bereits.

China ist der größte Gläubiger der USA. Könnten die Chinesen Trump nicht einfach den Geldhahn zudrehen?

Ganz so einfach ist es nicht. Schon der Verkauf eines kleinen Teils würde den Kurs der Anleihen drücken. Und da auch andere Gläubiger davon betroffen wären, würden diese möglicherweise ebenfalls verkaufen. Die Folge: Es könnte zu einer Abwärtsspirale kommen. China hätte sich selbst geschadet. Tatsächlich ist die chinesische Regierung schon seit einigen Jahren dabei, diese gegenseitige Abhängigkeit zu reduzieren, und kauft weniger US-Staatsanleihen als in der Vergangenheit. China will seine Devisenreserven stärker diversifizieren. Das kann sie aber nur langsam und behutsam tun. Ein zu rasches Abstoßen von US-Staatsanleihen könnte eine globale Finanzkrise auslösen.


Was könnte China dann tun?

China ist in der Tat in der Defensive und kann gegen die mächtigen USA nicht so viel ausrichten. Das erklärt auch, warum sich die Regierung bislang versöhnlich zeigt und um ein Entgegenkommen bemüht ist. Wir sollten aber nicht vergessen: Trumps Handelskrieg richtet sich keineswegs nur gegen China, sondern gegen alle großen Volkswirtschaften dieser Welt, nicht zuletzt auch gegen Europa. Deswegen sollte sich China stärker mit den anderen Ländern zusammentun.

Auch Europa wirft China unfaire Handelspraktiken vor.

Ich persönlich bin schon lange der Auffassung, dass China seine Märkte nicht mehr so stark abschotten darf, sondern sie für ausländische Unternehmen stärker öffnen muss. Auch den erzwungenen Technologietransfer halte ich für falsch. Die Konzerne sollten nach China kommen können und selbst entscheiden, welche Technologien sie mit Chinesen teilen und welche nicht. Aber genau diese geforderte Marktöffnung erfolgt jetzt. Der Joint-Venture-Zwang ist aufgehoben, die Beschränkungen für Banken und Versicherungen aus dem Ausland sind es auch. China macht seine Hausaufgaben.

Also hat Trump durchaus etwas Positives angestoßen?

Zu dieser Erkenntnis ist Chinas Regierung schon vor Trump gekommen. Die Volksrepublik hat ein Entwicklungsstadium erreicht, in dem es nur förderlich ist, wenn es für chinesische Unternehmen auch im Binnenmarkt mehr Konkurrenz gibt. Das fördert Innovation. Zugleich braucht China vor allem im Dienstleistungssektor mehr Wissen und Erfahrung aus dem Ausland. Es ist also höchste Zeit für eine weitere Öffnung.

ZUR PERSON

Zhang Jun (55) ist Direktor des China-Zentrums für Wirtschaftsstudien und Dekan am Wirtschaftsinstitut der Fudan Universität in Shanghai. [ Felix Lee]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2018)

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