Ein Alpbacher Kulturexperiment mit Martin Kušej

Alles neu macht die Kunst - in Alpbach
Alles neu macht die Kunst - in Alpbach(c) Luiza Puiu
  • Drucken

In intimen Gesprächen will der designierte Burgtheater-Chef heute fünf Künstler fragen, wie sie ins Unterbewusstsein ihres Publikums eindringen. Dass der Eintritt dazu 400 Euro beträgt, macht ihn nicht glücklich.

Für viele Forumsteilnehmer stellt der heutige Tag eine Art Zäsur dar: Die Gesundheitsgespräche sind zu Ende gegangen, die Technologiegespräche beginnen erst – und die Hochschulgespräche, die traditionell dazwischen stattgefunden hätten, wurden nach einem Zerwürfnis zwischen der Universitätenkonferenz und dem Forum Alpbach heuer gestrichen.

Kulturfreunde könnten dabei glatt von einer glücklichen Fügung sprechen: Denn der heutige Tag ist ganz der Kunst gewidmet. Der Ausfall der Hochschulgespräche habe das Präsidium, vor allem den Vizepräsidenten Caspar Einem, dazu bewogen, einen Tag zu planen, der „in Format und Struktur“ ganz anders sein soll als das übliche Programm, erzählt Elisabeth Schack, die im Vorjahr die Leitung des Kulturprogramms von Monika Sommer übernommen hat und heuer ihre erste eigene Spielzeit bestreitet. Ein Kulturtag schwebte ihr schon länger vor, als Gastgeber wählte sie den designierten Burgtheaterchef Martin Kušej, dem sie eine Carte Blanche gab, um einzuladen, mit wem auch immer „er schon immer denken und reden wollte“.

So kommt es also, dass sich Kušej heute unter dem Motto „We are hiding in the backyard of your mind“ mit Vertretern aus Literatur (Ayad Akhtar), Schauspiel (Amira Casar), Musik (Martin Grubinger), Aktions- (Flatz) und Kochkunst (Antonia Klugmann) zusammensetzt. In eineinhalbstündigen Gesprächen will er erforschen, „was ihre Technik ist, sich in den Seelen, im Unterbewussten ihres Publikums einzunisten“, sagte Kušej gestern bei einem Kamingespräch, bei dem er auch über sein Verhältnis zu Österreich und seinen künftigen Job in Wien sprach: „Dass ich als Kärntner Slowene Burgtheater-Direktor bin, das ist schon verdammt viel wert.“

"Mich interessiert der Job Burgtheater-Direktor überhaupt nicht"

Wegen des Hatschek in seinem Nachnamen sei er schon als Kind anders behandelt worden – und in einem Zwiespalt aufgewachsen, der in ihm ein hohes Bewusstsein für Politik, zugleich auch das Interesse für Kunst geweckt hat. Dass er (noch) in Deutschland lebt, schätzt er sehr: „In Deutschland herrscht ein liberaleres, demokratischeres Klima. Da ist Österreich noch sehr weit hinten.“ Nach Wien komme er übrigens aus Verantwortungsbewusstsein für Österreich als Kulturnation und ihr Nationaltheater: „Mich interessiert der Job, Burgtheater-Direktor zu sein, überhaupt nicht. Das könnt ihr mir glauben, das ist nicht lustig.“

In seinen heutigen Gesprächen wird das Burgtheater wohl keine Rolle spielen. Wer sie miterleben will, musste extra in die Tasche greifen: 400 Euro kostete die Anmeldung zu den fünf „Begegnungen“, lediglich die Schlussrunde mit allen Gästen ist frei zugänglich. Widerspricht das nicht dem integrativen, auch die Jugend einbindenden Prinzip des Forums? Alpbach-Kulturchefin Schack gibt zu: „Natürlich, einerseits. Andererseits ist es ein Experiment, und wenn wir das frei ausschreiben würden, würden hunderte Menschen kommen, das könnten wir beim ersten Mal nicht bewältigen.“ Denn: „Das wird keine Talkshow.“ Die „Begegnungen“ sollen kein frontales Format sein, sondern intime Runden; aktive Teilhabe ist erwünscht, kein unbekümmertes Kommen und Gehen. Man zahlt, „um mit den Künstlern denken zu dürfen“ – und das Forum will dafür Leute anlocken, denen das 400 Euro wert ist.

"Elitäre Aufführungen"

Kušej selbst zeigte sich nicht glücklich darüber. Er komme gerade von den Salzburger Festspielen, wo „man das Gefühl hat, dass elitäre Aufführungen eher Marketingveranstaltungen sind, damit Geschäftsleute ihre Business-Partner einladen können. Ich sehe das sehr kritisch, kann es aber auch nicht ändern.“ Sein Programm in Alpbach sei eine „ehrenvolle Aufgabe“ für ihn, er bekomme dafür nichts: „Ich mach hier alles umsonst.“

Mit 200 Besuchern rechnet Schack – darunter einige, die ein Stipendium ergattert haben –, weshalb Kušej nun mit Mikrofon ausgestattet wird, was man im Sinne der Intimität erst vermeiden wollte. „Es ist ein Dilemma“, sagt Schack. Offen ist allerdings, wie viele Leute tatsächlich kommen. Nicht jeder interessiert sich wohl für alle Gäste. Und viele Forumsteilnehmer, die für die Gesundheits- und Technologiegespräche kamen, dürften den Kušej-Tag dazwischen schlicht mitgebucht haben.

Veranstaltung

Heute, Mittwoch, widmet sich das Forum ganz der Kultur: Mit Begegnungen zwischen Martin Kušej und fünf Gästen. Anmeldungen sind nicht mehr möglich, die Abschlussrunde um 20.15 Uhr im Elisabeth-Herz-Kremenak-Saal ist frei zugänglich.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.