Regierungskrise: Australiens Premierminister bangt um sein Amt

Premierminister Malcolm Turnbull.
Premierminister Malcolm Turnbull.(c) APA/AFP/MARK GRAHAM
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Der Widerstand gegen Premier Turnbull in der eigenen, liberal-konservativen Partei wächst. Ex-Innenminister Peter Dutton und Schatzmeister Scott Morrison sind als Nachfolger im Gespräch.

Sydney. Australiens Regierung steckt in einer schweren Krise. Nachdem ein Großteil des Kabinetts in den vergangenen Tagen zurückgetreten ist, wurden alle Parlamentssitzungen bis zum 10. September verschoben. In dieser Zeit – so hoffen die Abgeordneten – klären die Liberal-Konservativen, die derzeit die Regierung stellen, wer sie anführt.

Zunächst hatte es noch so ausgesehen, als würde Premierminister Malcolm Turnbull die Krise überstehen. Am Dienstag war er siegreich aus einer Kampfabstimmung hervorgegangen. Doch zwei Tage später eskalierte die Regierungskrise. Turnbull machte seinen Parteikollegen in einer Rede am Donnerstag schwere Vorwürfe und sprach von Mobbing und Einschüchterung.

Die Krise wurde durch Unstimmigkeiten in der Energiepolitik und konstant schlechte Umfragewerte des Regierungschefs ausgelöst. Seit 2007 hat es kein australischer Premier mehr geschafft, die komplette dreijährige Amtszeit zu regieren.

Sollte es zu einer weiteren Kampfabstimmung um die Parteispitze kommen, will Turnbull selbst nicht noch einmal antreten.

Derzeit werden zwei Politiker als Nachfolger gehandelt: Peter Dutton, der den Premier bereits am Dienstag herausgefordert hatte, und Scott Morrison. Dutton war bisher Innenminister und auch für Einwanderung zuständig. Er gilt als Rechts-außen-Stimme in der liberal-nationalen Regierungskoalition. Der ehemalige Polizist pocht in Reden auf sichere Grenzen und traditionelle australische Werte. Flüchtlinge beschimpfte er einst als Analphabeten, die Australiern Jobs stehlen und es sich auf Kosten Australiens gut gehen lassen würden. Er war für die australischen Flüchtlingslager auf den pazifischen Inseln verantwortlich, in denen sich chaotische Szenen abspielen. Mehrere der dort internierten Kinder sind laut Medienberichten schwer krank. 2008 boykottierte er Australiens Entschuldigung bei den Ureinwohnern, sagte später aber, dass er das bereue. Dutton ist selbst innerhalb seiner Partei umstritten.

Ein möglicher Kompromisskandidat

Auch Scott Morrison, zuletzt Schatzmeister, ist vor allem aus seiner Zeit als Einwanderungsminister international bekannt. Auch er hatte damals harte Maßnahmen gegen Flüchtlinge zu verantworten. Zugleich gilt er als umgänglicher als Dutton. Seine Taktik und sein Manövrieren würden ihn zum „Kompromisskandidaten“ machen, hatte ein politischer Kommentator bereits 2015 über ihn geschrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2018)

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