Räumung von Baumhäusern: Kohle-Gegner verrichten Notdurft über Polizisten

Baumhäuser im Hambacher Forst: Seit Jahren wehren sich Umweltschützer so gegen die Rodung.
Baumhäuser im Hambacher Forst: Seit Jahren wehren sich Umweltschützer so gegen die Rodung.(c) Reuters
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Im deutschen Hambacher Forst setzt die Polizei die umstrittene Räumung der Baumhäuser von Umweltschützern und Braunkohlegegnern fort. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen bezeichnet die Vorgehensweise als gerechtfertigt.

Seit Jahren haben in Nordrhein-Westfalen Umweltschützer mit ihren Baumhäusern verhindert, dass der letzte Rest eines einst gewaltigen deutschen Waldgebietes, insgesamt 200 Hektar, vom Energiekonzern RWE zwecks Braunkohleabbau gerodet wird. Doch eine Brandschutzverordnung hat zuletzt das Argument für die Räumung der Siedlung "Oaktown" geliefert. Dies wiederum soll den Weg für die Rodung weiter Teile des verbliebenen Waldes freimachen.

Nun ist es so weit - seit Donnerstag ist die Polizei dabei, die Baumhäuser der Umweltschützer und Braunkohlegegner zu räumen - es kam auch zu ersten Auseinandersetzungen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin waren Freitag frühmorgens wieder mehrere hundert Polizisten zum Einsatz im Wald.

Demonstranten verrichten Notdurft über Polizisten

Eine Gruppe von 18 Kohle-Gegnern ließ sich am Freitag früh von den Einsatzkräften wegtragen. "Die noch derzeit in den Baumhäusern befindlichen Personen verrichten derzeit ihre Notdurft unmittelbar über den eingesetzten Polizeibeamten und weigerten sich, die Baumhäuser zu verlassen", berichtete die Polizei. Insgesamt befanden sich bis einen Tag nach Beginn des Räumungseinsatzes sechs Menschen wegen Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch im Gewahrsam. Laut Polizei wurden Beamte und Einsatzfahrzeuge mit Molotowcocktails beworfen und mit Steinschleudern beschossen.

Ein besetztes Baumhaus.
Ein besetztes Baumhaus.(c) Reuters

Herbert Reul (CDU), Innenminister des Bundesland, hat die umstrittene Räumung am Freitag verteidigt. "Jetzt sind da Menschen, die haben auf fremden Gelände schwarz gebaut, beachten keine Bauvorschrift, keine Brandvorschrift, wehren sich auch noch, sind kriminell, greifen noch Polizisten an, also werden straffällig, und da soll ich nicht eingreifen?", sagte er am Freitag im Radio. Der Wald ist seit rund sechs Jahren besetzt.

Die Kohlekommision ist gespalten

Der Energiekonzern RWE will im Herbst weite Teile des Waldes abholzen, um weiter Braunkohle baggern zu können. Vor Beginn der Kohleförderung war der Wald 4100 Hektar groß. Nach Angaben des Tagebau-Betreibers RWE Power wurden bisher 3900 Hektar für den Kohleabbau gerodet.

Ein Polizist unter einem der Baumhäuser.
Ein Polizist unter einem der Baumhäuser.(c) Imago (Michael Trammer)

Der Streit entzweit auch die im Juni dieses Jahres von der deutschen Bundesregierung eingesetzte deutsche Kohlekommission. Sie soll bis Jahresende eine Strategie für das die Stillegung der letzten deutschen Kohlekraftwerke ausarbeiten. Ihr gehören auch Umweltschützer an.

"Der Tagebau Hambach ist genehmigt und bisher in allen Instanzen bei gerichtlichen Überprüfungen bestätigt worden", sagte Kommissionsmitglied Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), zum deutschen "Handelsblatt" (Freitagausgabe). "Deshalb ist es in einem Rechtsstaat nur konsequent, dass RWE dann auch den Tagebau weiterführen kann."

"Unverantwortliche Räumung"

Der Geschäftsführer von Greenpeace Martin Kaiser hingegen, ebenfalls Kommissionsmitglied, kritisiert, die "unverantwortliche Räumung unter vorgeschobenen Gründen" belaste "die bisher vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit in der Kohlekommission massiv". Auch der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) und der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, beide ebenfalls in der Kohlekommission vertreten, sind gegen die Räumung.

Die Räumung lief nicht nur friedlich ab.
Die Räumung lief nicht nur friedlich ab.(c) Imago (Michael Trammer)

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