Nachrichten aus der Arbeitswelt: Die Gnade der Selbstausbeutung

Von der fragwürdigen Gnade, sich mangels anderer selbst ausbeuten zu dürfen: Silvia Ulrich, Mikko Stout, Bibiane Krapfenbauer.
Von der fragwürdigen Gnade, sich mangels anderer selbst ausbeuten zu dürfen: Silvia Ulrich, Mikko Stout, Bibiane Krapfenbauer.(c) Wolfgang Freitag
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Die prekäre Wissenschaftlerin. Der Jungunternehmer 50 plus. Die alleinerziehende Ich-AG. Nachrichten aus der Arbeitswirklichkeit – abseits überkommener Klassenkampf-Diskurse.

Es war einmal. Das gilt nicht nur im Märchen. Es war einmal: Das gilt auch für eine so selten märchenhafte Angelegenheit wie unsere Arbeitswelt. Es war einmal, dass alles so wunderbar geordnet schien: Hier die Unternehmer, da die Lohnabhängigen, hier die Kapitalisten, da die Arbeiterklasse, hier die Expropriateure, da die Expropriierten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann klassenkämpfen sie noch heute.

Tun sie auch. Nur ist es bei Weitem nicht mehr so klar, wer denn nun wer in diesem existenziellen Spiel ist. Sicher, da gibt es noch die Grabenkämpfe entlang altbekannter Linien, man denke an die Gefechte rund um das neue Arbeitszeitgesetz. Oder die weitgehend ritualisierten Gehaltsverhandlungen, die dieser Tage wieder ausbrechen. Und fast will es so scheinen, als wären Arbeitgeber- wie Arbeitnehmervertreter nachgerade froh, wenn endlich wieder einmal die längst bekannten Feindbilder bedient werden können. Denn in der Realität von immer mehr Menschen beginnen die sich Stück für Stück aufzulösen. Und das keineswegs nur deshalb, weil private Pensionsvorsorge wie aktienbasierte Sparformen immer mehr (tatsächlich? vermeintlich?) Ausgebeutete zu Profiteuren der Ausbeutung anderer machen. Die Grenze zwischen selbstständigem und unselbstständigem Erwerb ist es, die zunehmender Erosion unterliegt, ein Prozess, dem die am scharfen Hier-die-einen-da-die-anderen-System von ehedem gewachsenen Interessenvertretungen noch immer vorwiegend ratlos gegenüberstehen. Von entsprechenden Vorkehrungen, die der Gesetzgeber treffen müsste, gar nicht erst zu reden.

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