Italiens Außenminister sagte wegen des Streits um einen Doppelpass ein Treffen mit Ministerin Kneissl ab. Kurz und Conte stellten bei ihrem Treffen fest, dass sie in diesem Punkt nicht einer Meinung sind.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstag seine "Tour de capitales" vor dem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Salzburg mit einem Besuch beim italienischen Premier Giuseppe Conte abgeschlossen. Dabei gab es Übereinstimmung in Sachen Migrationspolitik, während weiterhin Divergenzen beim heiklen Thema der Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler bestehen.
Eigentlich sollte das Treffen von Kurz mit Conte vollkommen im Zeichen des Salzburger EU-Gipfels und der Migrationspolitik stehen. Doch schon im Vorfeld gingen die Wogen in Italien wegen eines anderen Themas hoch: der österreichischen Doppelpass-Initiative für Südtiroler. Der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi sagte deshalb ein bilaterales Treffen mit seiner österreichischen Amtskollegin Karin Kneissl in Wien ab. Begründung: Ein Klima des gegenseitigen Vertrauens sei derzeit nicht vorhanden.
Das italienische Außenministerium geißelte die "einseitigen" österreichischen Pläne als "anachronistischen Revanchismus" - und im Jubiläumsjahr 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, als Südtirol zu Italien kam. Die Pläne Österreichs seien "schwer begreifbar", zumal Österreicher und Italiener die gemeinsame EU-Staatsbürgerschaft hätten, hieß es in einer Presseerklärung des Ministeriums. Angesichts der Tatsache, dass Österreich derzeit den EU-Ratsvorsitz innehabe, sei die Initiative umso seltsamer.
Kurz kalmiert: "Werden uns mit Italien abstimmen"
Beim Treffen zwischen Kurz und Conte war die Doppelstaatsbürgerschaft dann natürlich Thema. "Österreichs Position ist klar. Es besteht der Wunsch vieler Südtiroler, dass eine Doppelstaatsbürgerschaft eingeführt wird. Wir respektieren diesen Wunsch, werden jedoch alle Regelungen mit Italien abstimmen", versicherte Kurz nach dem Gespräch. Für Italien gebe es seiner Ansicht nach keinerlei "Grund zur Aufregung". Conte erwiderte, die Position Italiens in dieser Frage sei klar, man sei strikt dagegen.
Das Thema bringt auch die Rechtsparteien Italiens in Rage. Der Forza-Italia-Senator Maurizio Gasparri lobte den Außenminister dafür, das Treffen mit Kneissl abgesagt zu haben. "Österreichs Pläne müssen entschieden abgelehnt werden."
Die postfaschistische Partei "Brüder Italiens" kritisierten die "wiederholten Einmischungen" von Kanzler Kurz in den Landtagswahlkampf in Südtirol. Kurz hatte am Freitag Bozen besucht. Damit habe der Kanzler versucht, den Wahlkampf zugunsten der Südtiroler Volkspartei zu beeinflussen. "Es sollte ein für alle Mal klar sein, dass Südtirol italienisch ist", erklärte der Fraktionsvorsitzende Francesco Lollobrigida, der Österreich "unerträgliche Arroganz" vorwarf. "Italiens Grenzen sind heilig."
(red./APA)