Spaniens Abschiebepraktiken stehen am Pranger

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Menschenrechtler erheben vor dem europäischen Menschenrechtsgericht schwere Vorwürfe wegen kollektiver Abschiebungen aus der spanischen Exklave Melilla ins benachbarte Marokko.

In einem Verfahren gegen Spanien wegen kollektiver Abschiebungen aus der spanischen Exklave Melilla ins benachbarte Marokko haben Menschenrechtsanwälte schwere Vorwürfe gegen das Land erhoben. Bei diesen seit mehr als einem Jahrzehnt praktizierten Gruppenausweisungen hätten Migranten keine Chance, ihr Anliegen vorzutragen, sagte der Anwalt Carsten Gericke am Mittwoch in einer Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

In dem Verfahren geht es um die Beschwerden eines Mannes aus Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) und eines Maliers. Die beiden hatten 2014 versucht, illegal die Grenzzäune zwischen Marokko und der Exklave Melilla zu überwinden. Hinter der zweiten von drei Absperrungen wurden sie von der spanischen Polizei aufgegriffen und nach Marokko zurückgebracht.

Im Oktober 2017 hatten die Straßburger Richter Spanien bereits in dem Fall verurteilt. Das Land hatte die Entscheidung jedoch angefochten.

Urteil könnte Auswirkungen auf ganz EU haben

Die beiden Beschwerdeführer und andere aufgegriffene Migranten seien ohne Registrierung zurückgeschoben worden, sagte der Anwalt Gericke am Mittwoch. "Mit ihnen wurde nicht gesprochen, sie wurden nicht einmal gezählt."

Der Richterspruch, der zu einem späteren Zeitpunkt erwartet wird, könnte Spanien dazu verpflichten, sein Vorgehen an den Grenzen zu ändern. "Das Verfahren hat aber auch über Spanien hinaus Bedeutung", sagte Wolfgang Kaleck, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation ECCHR, die die Beschwerdeführer unterstützt. Auch viele Staaten auf dem Balkan und die gesamte Europäischen Union müssten die Rückschiebepraxis an den EU-Außengrenzen grundlegend ändern.

Spaniens Anwalt argumentierte, es gebe an den Grenzen zu den Exklaven durchaus die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Aber die meisten Migranten wollten das gar nicht, weil sie nicht schutzbedürftig seien, sondern ein besseres Leben suchten. Spanien habe außerdem die Pflicht, sein Territorium zu schützen. Unter den Migranten könnten Terroristen oder Kriminelle sein.

(APA/dpa)

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