Der Urheber ist immer und überall

Recht. Das Urheberrecht im Internet ist derzeit Gegenstand hitziger Diskussionen. Was muss man über die Materie wissen und wo lernt man den richtigen Umgang damit für das Berufs- und Privatleben?

Uploadfilter, Linksteuer und Digital Content Directive – diese Begriffe geisterten jetzt immer wieder durch die Medien. Denn vor wenigen Wochen hat das EU-Parlament eine Vorlage für das neue EU-weite Urheberrecht beschlossen. Schon im Vorfeld haben sich Lobbyisten und Datenschützer heftige Auseinandersetzungen darüber geliefert, ob die Regelungen zu weit gehen und womöglich einer Zensur gleichkommen. Nicht unwahrscheinlich ist, dass sich EU-Kommission, nationale Regierungen und das EU-Parlament in den nächsten Monaten nicht einig werden und der gesamte Gesetzgebungsprozess nach der EU-Wahl von vorn beginnt. Mitnichten ist das aber ein Grund, die persönliche Auseinandersetzung mit dem Urheberrecht zu vertagen. Denn der Schutz des geistigen Eigentums im Internet geht nicht nur eine Randgruppe etwas an.

„Das Urheberrecht betrifft jeden von uns im persönlichen und beruflichen Alltag. Es ist ein Thema, an dem man aufgrund der Digitalisierung und Vernetzung gar nicht mehr vorbeikommt“, sagt Clemens Appl. Der Jurist lehrt und forscht als Urheberrechtsexperte an der Donau-Uni Krems. Jeder trete heute nicht mehr bloß als passiver Nutzer, sondern regelmäßig auch als Urheber in Erscheinung. Das beginne spätestens in der Schule beim Halten von Referaten oder dem Verfassen der vorwissenschaftlichen Arbeit. Deswegen sei es wichtig, dass auch jeder ein gewisses Grundverständnis von der Materie erhalte, meint Appl. Einerseits hinsichtlich der Rechte an eigenen kreativen Leistungen, andererseits um es zu vermeiden, fremde Leistungen rechtswidrig zu nutzen und damit teure Abmahnungen zu riskieren. „Grundsätzlich geht es um Respekt vor der kreativen Leistung anderer.“ Mit Beherzigen dieser Grundidee und ein bisschen Hausverstand komme man im privaten Umfeld gut zurecht, sagt Appl. Anders sehe dies aber im beruflichen Umfeld aus und sobald geistiges Eigentum für kommerzielle Zwecke genutzt werde.

Muss für die Kreativwirtschaft

Das sieht Kai Erenli ähnlich. Auch er ist Jurist, hat im Urheberrecht promoviert und leitet den Bachelorstudiengang Film-, TV- und Medienproduktion an der FH des BFI Wien. Relevant sei eine Basisausbildung im Bereich Urheberrecht für alle, die mit urheberrechtlich geschützten Werken zu tun hätten, „und das ist natürlich in erster Linie die Kreativwirtschaft, weil sie davon lebt, etwas zu erschaffen.“ Während man etwa im technischen Bereich ein Patent anmelden könne, sei das Urheberrecht ein Schutzrecht, das nicht eingetragen werden muss, sondern bereits in dem Moment besteht, in dem ein Werk erstellt wird. Erenli ist es daher ein Anliegen, dass seine Studierenden Grundwissen über das Urheberrecht und den Schutz ihrer Werke erhalten. Seine Lehrveranstaltung leitet er scherzend damit ein, dass sie die wichtigste im gesamten Studium sei. „Denn ohne das Wissen über den richtigen Umgang mit geistigem Eigentum ist es heutzutage nicht mehr möglich, ein Medienprojekt professionell zu veröffentlichen“, sagt Erenli. Dementsprechend findet das Urheberrecht zunehmend Eingang in die Lehrpläne von Marketing- und Medienstudien an Unis und FH. Kaum ein Studium in diesem Bereich verfügt nicht auch über eine Rechtslehrveranstaltung, die das Thema in Grundzügen behandelt. Auch in Kursen und Lehrgängen für Social Media und Mediengestaltung, etwa Fotografie, an Weiterbildungsinstituten wie dem Wifi und BFI ist das Copyright ein wichtiger Teilaspekt.

Als weitere Bereiche, die sich mit der Materie auseinandersetzen sollten, nennt Appl Konzert- und Eventveranstalter, die Softwareentwicklung und -anwendung sowie den Kulturgüterschutz und das Archiv- und Sammlungswesen. Besonders im Bereich der Bewahrung digitaler Kunst würden sich hier urheberrechtliche Fragen ergeben. Nicht zu vernachlässigen sei außerdem die Vorbildwirkung von Lehrenden in Schulen und Universitäten. „Wie Lehrer mit fremdem geistigen Eigentum umgehen, wird von Schülern und Studierenden wahrgenommen und übernommen.“ Es sei daher wichtig, dass Lehrende ein Grundwissen über die Nutzung von geistigem Eigentum hätten und sich ihrer Vorbildwirkung bewusst seien, etwa bei der Nutzung fremder Werke im Unterricht.

Schwerpunkt für Juristen

Eine logische Zielgruppe für Weiterbildung im Urheberrecht sind Juristen. Wie geistiges Eigentum geschützt wird, werde in der klassischen juristischen Ausbildung beleuchtet, komme aber oft etwas zu kurz, meint Appl. Folglich gibt es eine Reihe an juristischen Masterlehrgängen, die auf das Thema fokussieren, wie der postgraduale LLM Informations- und Medienrecht an der Uni Wien. „Die Absolventen sind zum Großteil in Kanzleien tätig, aber auch in Rechtsabteilungen von Unternehmen, oft in der IT-Branche“, erklärt Programmmanager Markus Holzweber. Seit Mai gebe es durch die EU-Datenschutzgrundverordnung auch einen Bedarf an Datenschutzbeauftragten, für die der Lehrgang als Grundlage dienen könne.

Auch Appl plant an der Donau-Uni den Lehrgang Geistiges Eigentum und Wettbewerb, der im Studienjahr 2019/2020 starten soll. Der postgraduale Lehrgang kann einzeln oder als Teil eines LLM-Programms absolviert werden.

Letzten Endes gehe es bei der Weiterbildung im Urheberrecht darum, sich Grundkenntnisse zu erarbeiten und dadurch ein gewisses Bewusstsein für die Herausforderungen im Umgang mit dem Internet zu erlangen, erklärt Erenli. Mit dem Basiswissen, das im Zuge vieler Studien- und Lehrgänge vermittelt werde, könne man sich viele Fragen selbst beantworten und in etwa abschätzen, wo man aufpassen müsse. „Wichtig ist aber ein Verständnis dafür, wann man juristische Hilfe in Anspruch nehmen sollte, da die Materie sehr komplex ist.“ Man merke jedenfalls, dass das Thema immer mehr an Relevanz gewinne, auch Studierende hätten in den vergangenen Jahren häufiger eine teilweise sehr emotionale Meinung zur Thematik.

AUF EINEN BLICK

Fragen des Copyrights betreffen heute fast jeden, egal, ob es sich um ein Posting im Internet, einen Upload auf YouTube oder ein Referat oder eine Seminararbeit für Schule oder Uni handelt.

Beruflich besonders betroffen sind die Kreativwirtschaft und ähnliche Branchen.

Einschlägige Weiterbildungsangebote gibt es vor allem für Juristen, aber auch für Contentproduzenten wie Fotografen. Darüber hinaus ist das Thema Teil der Ausbildungen für Medien, Marketing und Kreativwirtschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2018)

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