Georgien und Russland: Ziemlich beste Feinde

Verfreundet. Souvenirladen in Mzcheta, nahe Tbilissi.
Verfreundet. Souvenirladen in Mzcheta, nahe Tbilissi. (C) Klauhs
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Mit Georgien ist ein altes Literaturland Gast bei der Buchmesse in Frankfurt. Das Verhältnis zum großen Nachbarn im Norden prägt nicht nur die georgische Politik, sondern auch seine Literatur.

Kolchis ist eine der Wiegen des Abendlands. Dorthin segelte der thessalische Thronanwärter Jason mit seinen Argonauten, um das Goldene Vlies zu erbeuten. Ohne die Hilfe der kolchischen Königstochter Medea wäre ihm das nie gelungen und die abendländische Literatur um einen zahlreiche Dichter – von Euripides über Ovid bis Grillparzer – inspirierenden Stoff ärmer. Seither hat dieses Sehnsuchtsland hinter der Ostküste des Schwarzen Meeres eine wechselvolle Geschichte genommen. Im Dreieck zwischen Batumi, Kutaissi und der heute in der abgetrennten Provinz Abchasien liegenden Stadt Sochumi lag einst das legendäre Königreich Kolchis. Dieser Teil Georgiens war über die Jahrtausende hinweg westlich orientiert. Selbst Adscharien, der an die Türkei grenzende südwestliche Teil Georgiens, blieb trotz einer fast 250-jährigen osmanischen Besetzung und dementsprechenden Islamisierung okzidental ausgerichtet. Wie viele Adscharen heute sunnitische Moslems sind, ist ungewiss. Schätzungen reichen von 30 bis 70 Prozent der Bevölkerung. Batumi, Adschariens Hauptstadt, ist Georgiens zweitgrößte Stadt und sein Handels- und Tourismuszentrum. Eine Art georgisches Istanbul am anderen Ende des Schwarzen Meeres.

Kulturell anregender ist allerdings die drittgrößte Stadt des Landes, Kutaissi, einst Residenzstadt der kolchischen Könige und heute Sitz des georgischen Parlaments. Das ließ der von 2004 bis 2013 amtierende Staatspräsident Micheil Saakaschwili zur Belebung der Region dorthin verlegen; sehr zum Ärger der Abgeordneten, die sich wie zwischen Brüssel und Straßburg pendelnde MEPs vorkamen. Denn Regierungssitz blieb natürlich die Hauptstadt Tbilissi, das die Russen, als sie das Land Anfang des 19. Jahrhunderts annektierten, in Tiflis umbenannten.

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