Immer mehr Wirtschaftsgrößen boykottieren saudischen Investorengipfel

Eine Abkehr ausländischer Investoren könnte schwerwiegende Folgen für Saudi-Arabien haben, das vor einem tiefgreifenden Umbau seiner Wirtschaft steht.

Nach dem Verschwinden des saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi (Dschamal Chaschoggi) machen immer mehr Größen aus Politik und Wirtschaft einen Bogen um die geplante Investorenkonferenz in dem Königreich. Am Donnerstag erklärten der französische Finanzminister Bruno Le Maire, in der kommenden Woche nicht nach Riad zu reisen. Auch sein niederländischer Kollege Wopke Hoekstra sagte einem Agenturbericht zufolge genau wie der Chef des französischen Rüstungskonzerns Thales, Patrice Caine, die Teilnahme ab. Die Türkei wirft Saudi-Arabien vor, in seinem Konsulat in Istanbul den Regimekritiker Khashoggi getötet zu haben. US-Präsident Donald Trump nahm das Königshaus zunächst weiter in Schutz und forderte Belege für die türkische Darstellung. Er wolle sich noch am Donnerstag mit seinem Außenminister Mike Pompeo treffen, der Gespräche mit der saudischen Führung und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geführt hatte.

Le Maire begründete seine Absage damit, dass die "Voraussetzungen nicht gut" seien und forderte eine Erklärung der saudischen Regierung. Bereits in den vergangenen Tagen hatte es Absagen zu dem Treffen gehagelt, mit dem Saudi-Arabien ausländische Investoren anlocken will. Zuletzt erklärten unter anderem IWF-Chefin Christine Lagarde und die Vorstandschefs der Großbanken HSBC, Standard Chartered und Credit Suisse, sie wollten nicht anreisen. Andere ließen ihre Teilnahme noch offen. Siemens-Chef Joe Kaeser erklärte, er werde sich in den kommenden Tagen entscheiden. Auf einer Konferenz in Kanada hatte er am Dienstag gesagt, das Verschwinden Khashoggis sei zwar eine ernste Angelegenheit. "Wenn wir auf der anderen Seite aufhören, mit Ländern zu sprechen, in den Menschen vermisst werden, können wir zu Hause bleiben, weil wir mit niemandem mehr sprechen können", fügte er hinzu. US-Finanzminister Steven Mnuchin wollte seine Anreise überdenken. Eine Teilnahme deutscher Minister war ohnehin nicht geplant.

Eine Abkehr ausländischer Investoren könnte schwerwiegende Folgen für Saudi-Arabien haben, das vor einem tiefgreifenden Umbau seiner Wirtschaft steht. Das erdölreiche Land will seine Öl-Abhängigkeit reduzieren und sich zu einem hochmodernen Industrieland entwickeln.

Trump verspricht sich neue Erkenntnisse

Türkische Ermittler suchten mit Hochdruck nach weiteren Hinweisen für eine Tötung Khashoggis. Neben der Residenz des saudiarabischen Konsuls in Istanbul wurde auch nochmals das Konsulat durchsucht, das Khashoggi am 2. Oktober betreten hatte, bevor er spurlos verschwand.

Die regierungstreue türkische Zeitung "Yeni Safak" berichtete, dem Kritiker des saudischen Königshauses seien während eines Verhörs die Finger abgeschnitten worden. Später sei er enthauptet und seine Leiche zerstückelt worden. Saudi-Arabien bestreitet eine Tötung Khashoggis.

Trump hatte erklärt, zunächst gelte weiter die Unschuldsvermutung. Er werde sich ausführlich von Pompeo über die Vorkommnisse unterrichten lassen. Er hatte seinen Außenminister in die Region entsandt, um mit den Vertretern des saudischen Königshauses und der türkischen Regierung zu sprechen. 

(Reuters)

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