Jürgen Melzer: Bis der letzte Vorhang fällt

Jürgen Melzer wird sich heute nach den Aufschlägen von Kevin Anderson strecken.
Jürgen Melzer wird sich heute nach den Aufschlägen von Kevin Anderson strecken.(c) APA/HANS PUNZ
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Jürgen Melzer spekuliert am Mittwoch mit der nächsten Überraschung, dem 37-Jährigen stellt sich bei seiner Abschiedsgala in der Wiener Stadthalle Weltranglistenachter Kevin Anderson in den Weg. „Ich habe absolut nichts zu verlieren.“

Wien. Jürgen Melzer hat seine Einzelkarriere am Montag zur Überraschung vieler nochmals um zumindest ein Match verlängert. Der Niederösterreicher, der sich diese Woche von der großen Bühne verabschieden wird, hat zum Auftakt den Weltranglisten-22., Milos Raonic, mit 7:6 (6), 7:5 besiegt und damit bei seinem 16. Antreten sein erst zweites Auftakt-Aus in Wien verhindert. Dass er eine echte Chance auf den Coup gegen den ehemaligen Weltranglistendritten haben werde, hat sich relativ bald abgezeichnet.

Raonic erwischte wahrlich nicht seinen besten Tag, konnte dem Deutsch-Wagramer von der Grundlinie nie gefährlich werden. Der Coach des Kanadiers, Goran Ivanišević, schüttelte nicht nur einmal in der Player's Box ungläubig den Kopf ob der vielen Fehler seines Schützlings. „Ich habe gemerkt, dass er mir von hinten eigentlich nicht wehtun kann, dass ich der Bessere bin“, meinte Melzer, Stadthallen-Sieger der Jahre 2009 und 2010.

Abgang mit Stil

Die nächste Aufgabe wird gewiss eine noch schwierigere, mit Kevin Anderson wartet heute der aktuelle Weltranglistenachte und zweifache Grand-Slam-Finalist. Im direkten Vergleich führt der Südafrikaner mit 2:1, „aber ich habe gegen ihn noch weniger zu verlieren als gegen Raonic, freue mich auf die Partie“. Nach seinem Auftaktsieg hat auch eine gehörige Portion Genugtuung aus Melzer gesprochen, der das letzte Turnier seiner Einzellaufbahn in erhoffter Manier gestaltet. „Ich bin riesig froh, dass ich das mit so einer Leistung machen kann und nicht irgendwo herumhumple, wo sich alle Leute denken: Warum hat man dem noch eine Wildcard gegeben?“

Der ehemalige Weltranglistenachte ließ sich von der Situation des Showdowns nicht belasten, sondern machte sie sich zum Vorteil: „Du denkst nicht mehr an Punkte, du spielst einfach. Es redet sich oft leicht, aber im Endeffekt war es für mich wirklich ein Punkt nach dem anderen, weil jeder Punkt tatsächlich der letzte sein kann. Aber am Ende geht es immer ums Gewinnen.“

Melzer hatte von Turnierdirektor Herwig Straka eine Dienstag-Ansetzung angeboten erhalten, wollte den „Thiemstag“ aber ganz Dominic Thiem lassen. Der ÖTV-Rekord-Daviscup-Spieler sah das als Entgegenkommen für die Wildcard, auch wenn die Stadthalle am Montag traditionell längst nicht so gut besucht ist. „Ich glaube, dass das ein Geben und ein Nehmen ist. Ich habe es genossen, dass die Leute, die da waren, vielleicht eine Spur lauter waren als sonst.“

Trotz seines Siegs gegen einen Spieler des Kalibers von Raonic werde Melzer seine Pläne aber nicht über Bord werfen. Er wisse, dass sein Körper nicht mehr so funktioniere, um im Einzel noch weiter nach oben zu kommen. „Ich habe meinen Frieden gefunden“, sagt Melzer, der sich ein kleines Hintertürchen aber doch noch offen lässt. „Wenn ich das Turnier gewinne, mache ich weiter.“ Dieses unwahrscheinliche Szenario würde ihn von Weltranglistenplatz 426 nämlich mit einem Schlag zurück in die Top 100 hieven. (cg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2018)

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