Zehntausende von Iranern haben am Sonntag landesweit bei staatlich organisierten Kundgebungen gegen die USA demonstriert.
Die Proteste waren ursprünglich zum Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran 1979 durch radikale iranische Studenten gedacht, standen aber auch unter dem Eindruck der ab Montag angekündigten schweren Wirtschaftssanktionen der USA gegen den Iran. In Teheran kamen die Demonstranten am Sonntag vor dem Gebäude der früheren US-Botschaft zusammen. Die Teilnehmer riefen Slogans gegen die drei iranischen Erzfeinde USA, Israel und Saudi-Arabien, die im Land auch als "teuflisches Dreieck" bezeichnet werden.
Iranische Studenten hatten die Botschaft in Teheran im November 1979 besetzt, um damit gegen die Aufnahme des gestürzten Schahs Reza Pahlavi in den USA zu demonstrieren. Die von den Studenten damals als Geiseln genommenen Botschaftsangehörigen kamen erst nach 444 Tagen frei. Wegen der Botschaftsbesetzung brachen die USA die diplomatischen Beziehungen zu Iran ab. Sie sind auch gut vier Jahrzehnte danach noch nicht wieder aufgenommen worden.
Die Demonstrationen dieses Jahr wurden überschattet von den am Montag in Kraft tretenden schweren Wirtschaftssanktionen der USA. "Unsere Botschaft an diesen komischen US-Präsidenten: Herr Trump, drohe niemals dem Iran", sagte Mohamed-Ali Jafari, Kommandant der iranischen Revolutionsgarden, in Teheran.
Die USA wollen den Iran von Montag an mit den schwersten Wirtschaftssanktionen in der Geschichte treffen, nachdem sich Washington im Mai aus dem internationalen Atomabkommen von 2015 zurückgezogen hatte. Von den neuen Sanktionen sollen vor allem die Ölindustrie, aber auch der Finanzsektor und die Transportbranche mit den wichtigen Häfen getroffen werden.
Sanktionen
AUTOMOBILBRANCHE
Bereits der erste Teil der Sanktionen vom August hatte die europäischen Fahrzeughersteller hart getroffen. Daimler trat den Rückzug an und erklärte, seine Geschäfte im Iran "bis auf weiteres" komplett einzustellen. Daimler hatte 2016 nach dem Ende der Sanktionen angekündigt, im Iran Lkw verkaufen zu wollen.
Volkswagen bestätigte einen möglichen Rückzug bislang nicht. Der Wolfsburger Autobauer erklärte im September, sich an "alle geltenden nationalen und internationalen Gesetze sowie Export-Regularien" zu halten. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hatte zuvor verkündet, Volkswagen werde sich wegen der US-Sanktionen nahezu vollständig zurückziehen.
Die französischen Hersteller Renault und PSA produzieren knapp die Hälfte aller neu zugelassenen Autos im Iran. Sie reagierten unterschiedlich auf die Sanktionen der USA: Renault will - in reduziertem Umfang - weitermachen; PSA steigt aus.
LUFTFAHRT
Nach 2015 wurden die größten Verträge zwischen europäischen Firmen und dem Iran im Bereich Luftfahrt geschlossen. Allein Airbus erhielt Aufträge für hundert Flugzeuge. Ein Verlust des iranischen Markts dürfte für das Unternehmen angesichts von weltweit mehr als 7000 bestellten Flugzeugen jedoch zu verschmerzen sein.
Noch vor dem Greifen der neuen Sanktionen lieferte der französisch-italienische Hersteller ATR im August fünf neue Flugzeuge aus.
ENERGIE
Ab Montag belegen die USA den Import von Energie und Öl aus dem Iran mit Sanktionen. Bereits im August hatte der französische Konzern Total seinen Ausstieg angekündigt. Seit 2015 hatte Total bis zu 100 Millionen Dollar (88 Millionen Euro) in die Ausbeutung von Gasvorkommen im Iran gesteckt.
Auch Siemens hat bereits seine Geschäfte im Iran eingestellt. Der italienische Ölriese Eni dagegen trat bislang nicht von einem Vertrag über den monatlichen Kauf von zwei Millionen Barrel iranischen Öls zurück.
EISENBAHN- UND SCHIFFBAU
Am heftigsten dürften die US-Sanktionen in diesem Bereich auf die Geschäfte italienischer Firmen durchschlagen. Die staatliche Bahngesellschaft Ferrovie dello Stato hatte erst im Juli 2017 einen Vertrag über den Bau einer Hochgeschwindigkeits-Verbindung zwischen den nordiranischen Städten Kom und Arak abgeschlossen.
Mehrere Verträge bestehen zudem zwischen dem italienischen Schiffbaukonzern Fincantieri und dem Iran.
Überhaupt dürften die US-Maßnahmen insgesamt Italien am stärksten treffen: Das Land ist mit einem Exportvolumen von 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 der wichtigste europäische Handelspartner des Iran.
PHARMABRANCHE
Der Handel mit Medikamenten fällt zwar nicht direkt unter die US-Sanktionen. Allerdings dürfte es für die Hersteller wegen der Maßnahmen Washingtons gegen die iranische Bankenbranche schwierig werden, Zahlungen für ihren Lieferungen zu erhalten. Der französische Pharmariese Sanofi will dennoch seine Geschäfte im Iran fortsetzen.
BANKENWESEN
Europäische Banken, die ab Montag an Transaktionen iranischer Banken beteiligt sind, sollen den Zugang zu den US-Märkten verlieren. Die meisten Geldinstitute kündigten deshalb rasch ihren Rückzug an. Bis zu 85 Prozent aller Zahlungen an deutsche Institute würden künftig zurückgewiesen, erklärte im Oktober Helmut Gottlieb, Chef der Hamburger Niederlassung der iranischen Bank Melli, im "Handelsblatt".
TOURISMUS
Auch diesem Bereich sind die meisten Auswirkungen vor allem indirekt zu spüren, durch die Beschränkungen im Zahlungsverkehr.
Die Fluggesellschaften British Airways und Air France stellten im September ihre Flüge in den Iran ein. Lufthansa und Alitalia dagegen wollen weiter die Hauptstadt Teheran anfliegen.
(APA/dpa)