Budgetüberschreitungen bei Stahlwerken und das schwächelnde Wasserkraftgeschäft drücken den Ertrag des Anlagenbauers. Der dicke Auftragspolster verspricht eine Wende.
Wien. So schlecht sind die Zahlen gar nicht, die der steirische Technologiekonzern Andritz am Dienstag vorlegte: Der Umsatz kletterte im dritten Quartal um 5,4 Prozent auf 1,44 Mrd. Euro. Und der Auftragseingang stieg im Jahresabstand sogar um 9,5 Prozent auf 1,438 Mrd. Euro. Das reichte den Anlegern jedoch nicht – obwohl der Konzern viele neue Orders an Land zog, womit der Auftragsstand per Ende September mit 6,883 Mrd. Euro um 7,8 Prozent über dem Vorjahreswert zu liegen kam.
Noch mehr verschreckten die Anleger der Gewinnrückgang und der gedämpfte Ausblick des Anlagenbauers: Dem weltweit tätigen Unternehmen machen Kostenüberschreitungen bei einzelnen Projekten im Bereich Metals und ein schwächeres Wasserkraftgeschäft zu schaffen. Trotz höherer Erlöse schrumpfte daher das operative Ergebnis (Ebita) im dritten Quartal um 13,1 Prozent auf 85,9 Mio. Euro, wie Andritz mitteilte. Es liegt damit unter den Erwartungen, Analysten hatten im Schnitt mit einem Ebita von 95,5 Mio. Euro gerechnet. Der Nettogewinn sank um 4,4 Prozent auf 56,4 Mio. Euro.
Für das Gesamtjahr peilt Andritz weiterhin eine stabile Umsatzentwicklung an. Die Rentabilität (Ebita-Marge) werde jedoch deutlich unter dem Vorjahreswert liegen, kündigte der Konzern an. Begründet wurde dies mit einer im vierten Quartal gebildeten Rückstellung von gut 20 Mio. Euro für Restrukturierungsschritte bei der Tochter Schuler und im Geschäftsbereich Hydro. Bereinigt um diesen Sondereffekt werde die Ebita-Marge nahezu das Niveau des Vorjahres erreichen, hieß es. Per Ende September schrumpfte die Ebita-Marge auf sechs (nach 7,2) Prozent.
Anleger warfen daraufhin ihre Andritz-Papiere zuhauf aus den Depots: Die Aktie verlor noch im Vormittagshandel mehr als sechs Prozent und war damit der schwächste Wert im ATX.
Die Aktie konnte nach einem Wertverlust im ersten Halbjahr bis Mitte September deutlich zulegen. Seit Oktober geht es jedoch wieder stetig bergab, sodass seit Jahresbeginn unter dem Strich ein Minus von 4,4 Prozent steht.
Baader empfiehlt „Kauf“
Die Wertpapierexperten der Baader Bank haben gestern sowohl ihr Kursziel von 55 Euro als auch das Kaufvotum („Buy“) bestätigt. Baader-Analyst Peter Rothenaicher hebt in seinem Kommentar zu den Zahlen die Auftragseingänge hervor, die sich im dritten Quartal erneut gesteigert hatten. Jedoch konterkarieren schwache Branchenergebnisse im Bereich „Metals“, „Hydro“ und „Zellstoff und Papier“ die höheren Aufträge, heißt es.
Vor allem in der Wasserkraftsparte – Andritz baut Turbinen und Generatoren für Wasserkraftwerke – ließ die Entwicklung zu wünschen übrig. Der operative Gewinn schrumpfte in dieser Division um rund ein Viertel. Darüber hinaus gab es in diesem Bereich auch weniger Aufträge.
Bis auf den Bereich Metals, in dem Andritz komplette Linien für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Kaltbandstahl herstellt, wuchsen jedoch die Erlöse in allen Divisionen.
Konzernchef und Andritz-Hauptaktionär Wolfgang Leitner versuchte zu kalmieren: „In den vergangenen vier Quartalen konnten wir einen Auftragseingang von zusammen gut 6,2 Mrd. Euro erzielen und damit einen soliden Arbeitsvorrat für das kommende Geschäftsjahr schaffen.“ In den nächsten Monaten konzentriere man sich auf die Integration der im laufenden Jahr erworbenen Firmen – insbesondere des US-Papiermaschinenzulieferers Xerium Technologies – sowie auf die Umsetzung selektiver Kostenanpassungsmaßnahmen. (eid/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2018)