„Der Imagegewinn ist enorm“

Kunstmanagerin Barbara Grötschnig und VIG-Aufsichtsratschef Günter Geyer im Ringturm, wo die Kunstsammlung gezeigt wird.
Kunstmanagerin Barbara Grötschnig und VIG-Aufsichtsratschef Günter Geyer im Ringturm, wo die Kunstsammlung gezeigt wird.(c) Stanislav Kogiku
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VIG-Aufsichtsratschef Günter Geyer und Barbara Grötschnig, zuständig für das Kunstmanagement, im Gespräch über die Sammlung des Hauses.

Welche Motive stecken hinter der Entscheidung, Kunst zu sammeln?

Günter Geyer: Der ursächliche Gedanke der Vienna Insurance Group und ihrer Konzerngesellschaften in Österreich und Osteuropa ist es, die Kunst und Kultur in der Region zu fördern, insbesondere junge Kunst.

Seit wann gibt es die Sammlung?

Geyer: Die Kulturförderung begann in den 1920er-Jahren in Form von Auftragswerken an Kunstschaffende. Mit der Etablierung der Unternehmenszentrale im Ringturm Mitte der 50er-Jahre begann der Aufbau der Sammlung durch Ankäufe. Gekauft wurden Werke zeitgenössischer Künstler, wie etwa Helmut Leherb, Arnulf Rainer und Rudolf Hausner, die heute weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind, aber auch Malerinnen wie Florentina Pakosta, Lore Heuermann oder Martha Jungwirth befinden sich in der Sammlung. Mit der Osterweiterung der VIG haben auch die Tochtergesellschaften begonnen, Kunst ihrer Region zu kaufen.

Barbara Grötschnig: Die Sammlung besitzt aber auch Werke von Anton Romako, Albin Egger-Lienz, Herbert Boeckl, Anton Faistauer und sogar Oskar Kokoschka.

Geyer: Auf den Kokoschka sind wir besonders stolz. „Anschluss – Alice in Wonderland“ aus dem Jahr 1942 ist das wertvollste Einzelbild in unserer Sammlung und wurde auch viel international ausgestellt.

Wie viel ist es wert?

Geyer: Wir haben es auf 1,5 Millionen Euro versichert. Aber es steigt ständig im Wert.

Wie wird die Auswahl für einen Ankauf getroffen? Haben Sie eine Jury oder werden Sie von Experten beraten?

Grötschnig: Wir beobachten sowohl die Kunstszene als auch den Markt und gehen selbst viel in Galerien und auch zu den Ausstellungen in die Akademien und sehen uns an, was kommt. Weiters beraten wir uns mit Kunstexperten. Wir haben zuletzt junge Positionen gekauft, wie Svenja Deininger, Nilbar Güreş, Philipp Timischl und Tillman Kaiser.

Wie hoch ist das jährliche Ankaufsbudget?

Geyer: Es ist ein sechsstelliger Betrag.

Das Haus sammelt Kunst, aber zeigt sie öffentlich nur ganz selten. Warum eigentlich?

Geyer: Wir fördern Künstler, das ist das Wichtigste. Aber wir haben 2010 im Leopold-Museum die Sammlung Vienna Insurance Group gezeigt. Dafür wurden die wichtigsten Maler der Sammlung ausgewählt.

Aber es gibt keine Pläne, eigene Ausstellungsräume zu unterhalten, wie das andere Unternehmen machen?

Geyer: Nein. Unsere Ausstellungshalle ist der Ringturm. In unserem Stiegenhaus hängen auch immer die neuen Ankäufe. Das wird regelmäßig umgehängt. Die Werke sind auch in unseren Büroräumlichkeiten und Geschäftsstellen in ganz Österreich zu finden. Wir wollen die Kunst in den beruflichen Alltag integrieren.

Grötschnig: Die Kunst ist außerdem ein Mittel zur Kommunikation mit unseren Partnern und Kunden. Und auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sehr interessiert an unseren neuen Ankäufen und Werken.

Wie viel ist die Sammlung inzwischen eigentlich wert?

Geyer: Ganz genau lässt sich das nicht sagen. Aber die Sammlung ist, wenn wir vom Versicherungswert ausgehen, schon einen guten zweistelligen Millionenbetrag wert.

Neben der Sammlung machen Sie auch die Ringturm-Verhüllungen. Wie ist es dazu gekommen?

Geyer: Die Geschichte darf ich Ihnen erzählen. Das war im Mozartjahr 2006, Christian Ludwig Attersee kam zu mir und sagte, er würde gern einmal etwas richtig Großes machen. Er könne sich ein Gemälde vorstellen, zum Beispiel auf dem Rathausplatz. Ich habe ihm dann den Ringturm vorgeschlagen. Das sind 4500 Quadratmeter Fläche. Das ist sicher die größte Fläche im Wiener Zentrum. Er hat sofort Ja gesagt und anlässlich des Mozartjahrs Don Giovanni als Motiv für die erste Ringturmverhüllung gewählt. Ich muss gestehen, ich habe gedacht, das war vielleicht etwas voreilig.

Warum, das ist doch ein tolles Projekt?

Geyer: Das ist es. Ich bereue es auch nicht. Aber im ersten Augenblick standen wir bei der Umsetzung vor vielen Herausforderungen. Da war die Frage der Befestigung, der Montage, und nicht zuletzt die Genehmigungen von den Behörden. Wir haben Alpinisten aus Lienz kommen lassen. Es mussten Verankerungshaken in die Mauer montiert werden, denn die Stoffbänder müssen sehr gespannt sein. Die Verhüllung muss jedes Wetter überstehen, auch einen Sturm.

Wie lang dauert so eine Montage?

Geyer: Je nach Wetter zwischen drei und fünf Wochen.

Wie wird bei der Ringturm-Verhüllung die Künstlerauswahl getroffen?

Geyer: Es gibt zwei Hauptkriterien: Welches Land nehmen wir, und welchen Künstler? Wir wollen auch Künstler aus jenen Ländern zeigen, in denen wir tätig sind. Wir kaufen auch immer ein Werk des Künstlers an. Das erste Mal haben wir das 2012 mit László Fehér aus Ungarn gemacht. Ungarn ist immer unser verschwägertes Land gewesen und ist es in gewisser Weise nach wie vor. Das war ein großer Erfolg. Es war sogar Viktor Orbán zur Eröffnung hier. Das hat abgesehen vom kulturellen auch einen enormen kommerziellen Wert. Denn die Eröffnung wird im Fernsehen und in den lokalen Medien gebracht. Der Imagegewinn ist enorm.

Mir ist aufgefallen, dass die Künstler, die die Verhüllung machen, etabliertere Künstler sind. Wollen Sie sichergehen, dass sie die mediale Aufmerksamkeit bekommen?

Geyer: Natürlich. Auch bei Künstlern aus den Ländern unserer Tochtergesellschaften werden solche gewählt, die schon etwas etablierter sind. Sonst kommen die Staatschefs nicht extra nach Wien zur Eröffnung, und das ist uns schon wichtig.

Und heuer Gottfried Helnwein. Sein Werk hat Ihnen ja viel mediale Aufmerksamkeit gebracht.

Geyer: Ja, vor allem positive. Anlässlich von „100 Jahre Republik Österreich“ wollte ich einen der namhaftesten Künstler Österreichs, und er hat sich gleich dazu bereit erklärt.

Helnwein ist sicher nicht billig. Wie hoch ist das Budget für die Verhüllung?

Geyer: Das kommt natürlich auf den Künstler an. Für die reine Umsetzung haben wir ungefähr 150.000 Euro vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2018)

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