Fall Khashoggi: Erdoğan erhöht Druck auf Saudiarabien

Die Behörden in Saudiarabien wüssten, wer die Mörder seien, sagte Erdoğan.
Die Behörden in Saudiarabien wüssten, wer die Mörder seien, sagte Erdoğan.(c) REUTERS (Hannibal Hanschke)
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Der türkische Präsident macht Ermittlungsbehörden in zahlreichen Ländern den Audiomitschnitt des Mordes im saudischen Konsulat zugänglich. Längst spielt er im Fall des Journalistenmords sein eigenes Spiel.

Istanbul. „Ich ersticke“, soll Jamal Khashoggi noch gestöhnt haben, als seine Mörder eine Plastiktüte über seinen Kopf stülpten und ihm die Kehle zudrückten. Sieben Minuten lang habe der Todeskampf des saudischen Dissidenten am 2. Oktober im Istanbuler Konsulat seines Landes gedauert, wollen türkische Ermittler herausgefunden haben. Ihr wichtigstes Beweismittel ist eine Audioaufnahme von dem Verbrechen, deren Existenz jetzt erstmals von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bestätigt worden ist. Sein Land habe die Aufnahme den Behörden in Saudiarabien, den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und weiteren Ländern zugänglich gemacht, sagte Erdoğan am Samstag. Damit erhöht Ankara den Druck auf den saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman, der von türkischen Medien als Drahtzieher des Mordes bezeichnet wird.


Wie die Audioaufnahme entstand, sagte Erdoğan nicht. Laut einigen Medienberichten könnte der türkische Geheimdienst das saudische Konsulat abgehört haben, anderen Meldungen zufolge fingen die Türken eine Skype-Verbindung ins Konsulat ab: Ein Berater von Mohammed bin Salman war demnach per Skype dabei, als Khashoggi getötet wurde. Eine dritte Variante besagt, dass Khashoggi die Aufnahme mit Hilfe seiner Apple-Watch selbst anfertigen und an seine vor dem Konsulat wartende Verlobte schicken konnte.

Riad weist Vorwürfe weiterhin zurück

Die Behörden in Saudiarabien wüssten, wer die Mörder seien, sagte Erdoğan. Der türkische Staatschef hatte in den vergangenen Wochen mehrmals angedeutet, dass er Thronfolger Mohammed bin Salman, genannt MBS, für das Verbrechen verantwortlich macht. Die Regierung in Riad weist dies zurück und spricht von einem Alleingang einiger Vertreter der saudischen Sicherheitsbehörden, die dafür bestraft werden sollten.
Erdoğans Regierung nutzt das Verbrechen für ihren Konkurrenzkampf mit Saudi-arabien um die Führungsrolle in der islamischen Welt. Sie lässt seit Wochen tröpfchenweise vertrauliche Ermittlungsergebnisse durchsickern, um das Image des Königreichs so stark wie möglich zu beschädigen – auch Erdoğans Verweis auf die Audioaufnahme gehört zu dieser Taktik. Nach Ansicht einiger Beobachter will Ankara eine Ablösung des als Türkei-kritisch bekannten Thronfolgers in Riad erreichen.
Dafür braucht Erdoğan die Unterstützung der USA als mächtigsten Partner der Saudis. Am Rande der Pariser Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren sprach er mit seinem amerikanischen Amtskollegen Donald Trump über den Fall Khashoggi, wie das Weiße Haus mitteilte. Trump will in den kommenden Tagen bekannt geben, ob es Strafmaßnahmen der USA gegen Riad wegen des Mordfalls geben soll.

Leiche in Säurebad aufgelöst

Die jüngsten Äußerungen von Erdoğan hatten möglicherweise das Ziel, Trump zu einer härteren Gangart gegenüber MBS zu bewegen. Begleitet wurde die Stellungnahme des türkischen Präsidenten von weiteren Enthüllungen in den Medien. Nazif Karaman, ein Journalist der Erdoğan-nahen Zeitung „Daily Sabah“, sprach im Nachrichtensender Al Jazeera über den Inhalt der Audioaufnahme. „Nehmt mir die Tüte vom Kopf, ich habe Platzangst“, sagte Khashoggi demnach, nachdem er im saudischen Konsulat von einem saudischen Killerkommando überwältigt wurde. „Daily Sabah“ will laut Karaman bald Teile des Audios veröffentlichen. Die türkische Staatsanwaltschaft ist zu dem Schluss gelangt, dass Khashoggis Leiche nach dem Mord zersägt und in einem Säurebad aufgelöst wurde. Spuren der Säure wurden laut Medienberichten in der Residenz des saudischen Konsuls in Istanbul gefunden.

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