Schlecht, schlechter, Thyssen

16 01 2012 Essen Nordrhein Westfalen Deutschland ThyssenKrupp Quartier Hauptverwaltung in Ess
16 01 2012 Essen Nordrhein Westfalen Deutschland ThyssenKrupp Quartier Hauptverwaltung in Essimago/Rupert Oberhäuser
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Wenn Konzernchef Guido Kerkhoff morgen, Mittwoch, die Bilanz 2017/18 präsentiert, gibt es für Aktionäre und Mitarbeiter wenig Anlass zur Freude. Der einstige deutsche Paradekonzern hat viele Problemfelder, die Aktie ist seit Monaten auf Talfahrt.

Es gibt keine bessere Bezeichnung als "Stahlbad", was der erst wenige Wochen amtierende Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff seit seines nicht geplanten Amtsantritts nach dem überraschenden Abgang von Langzeit-Boss Heinrich Hiesinger erlebt. Bereits zwei Mal musste Kerkhoff die Prognose nach unten korrigieren, ein nicht gerade optimaler Einstieg für den Manager, der zuvor als Finanzvorstand werkte und den einstigen deutschen Paradekonzern wieder zur alten Stärke führen soll. 

Aber auch morgen, Mittwoch, wird es für Aktionäre und Mitarbeiter wenig Anlass zur Freude geben, wenn Kerkhoff die Bilanz für das Geschäftjsahr 2017/18 vorstellt. Denn schon jetzt ist klar, dass der Stahlkocher, der just seine Stahlsparte abspalten und mit der indisch-britischen Tata Steel fusionieren will, auch die gesenkten Ziele verfehlt hat. 

Zur Begründung für die erneut gekappte Prognose hatte der Konzern unter anderem auf Rückstellungen für Kartellrisiken hingewiesen. Wegen der neuen Belastungen rechnet Thyssenkrupp für das abgelaufene Jahr nur noch mit einem geringen Überschuss von 100 Mio. Euro nach 271 Mio. Euro im Vorjahr.

Das Ermittlungsverfahren wegen möglicher Kartellabsprachen bei Stahlpreisen könnte auch Folgen haben für die Abfindung des früheren Vorstandschefs Hiesinger. Obwohl das Thema aus der Zeit vor  Hiesinger stammt, dürfte die Rückstellung, anders als üblich, Auswirkungen auf seine Abfindung haben. Der im Sommer zurückgetretene Thysssenkrupp-Chef hat selbst Wert darauf gelegt, dass die Konzernrisiken bei der Berechnung seiner Abfindung voll berücksichtigt würden.

"Zahlen schlecht, Aussichten unklar", so fasst Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) die Lage zusammen. Andere Analysten bescheinigten dem Industriekonzern, dessen Aktie nach der neuerlichen Gewinnwarnung zeitweise auf einen seit Jahren nicht mehr erreichten Tiefstand abgesackt war, eine "glanzlose Gewinnentwicklung".

Stahl-Fusion mit Tata noch nicht fix

Das Kartell-Thema, das diesmal das Stahlgeschäft betrifft,  ist freilich nur eines von vielen Problemen, mit denen der Konzern konfrontiert ist: So ist die anfängliche Euphorie über die Aufspaltung in die Industriesparte und das Stahlgeschäft verflogen. Experten wie Hechtfischer zweifeln, ob die monatelang betriebene und von Anfang an heftig umstrittene Trennung der richtige Weg ist. Aber noch ist der Plan ohnedies nicht unter Dach und Fach, denn die EU-Kartellbehörden haben bereits Bedenken angemeldet und eine eingehende Prüfung in Aussicht gestellt.

Auch in den Sparten tauchen immer wieder Probleme auf: Sorgenkinder des Konzerns sind unter anderem die mit Qualitätsproblemen kämpfende Komponentensparte und der Anlagenbau. Das Marinegeschäft (ThyssenKrupp baut auch U-Boote) leidet unter höher als erwarteten Kosten eines Projekts in der Türkei. Und die Aufzugssparte, an sich die Ertragsperle, musste zuletzt auch Rückschläge verkraften.

Angst vor feindlicher Übernahme

Während sich Analysten und Aktionärsvertreter, vor allem aber der aktivistische Investor Cevian - mit 18 Prozent zweitgrößter ThyssenKrupp-Eigner nach der Krupp-Stiftung -  den Kopf über die Zukunft zerbrechen, verliert die Aktie seit Monaten stetig an Wert. Seit Jahresbeginn hat das Papier 20 Prozent verloren. Das wiederum nährt Spekulationen über eine drohende Übernahme. Je niedriger der Kurs, desto mehr werde ThyssenKrupp zum Übernahmekandidaten.  Der ganze Konzern ist inzwischen nur rund 15 Mrd. Euro wert - das setzen Analysten allein für die Aufzugsparte an. Auf die hat nicht nur der finnische Konkurrent Kone, sondern auch Otis und Schindler ein Auge geworfen.

Noch ist eine weitere Zerschlagung kein Thema, zumal auch die Kartellhüter ein gewichtiges Wort mitzureden hätten. Und die Krupp-Stiftung gilt mit ihren 21 Prozent ein wichtiges Bollwerk gegen eine feindliche Übernahme.  Aber der niedrige Aktienkurs reizt. 

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