Kosovo nicht in Polizeiorganisation Interpol aufgenommen

Zwei Abstimmungen brachten dem Kosovo keine Zweidrittelmehrheit. Vor allem Serbien hat gegen eine Aufnahme protestiert und sich schließlich durchgesetzt und feiert nun einen "Sieg".

Der Kosovo ist nicht in die internationale Polizeiorganisation Interpol aufgenommen worden. Die Interpol-Generalversammlung hatte am Dienstag in Dubai zweimal über die Aufnahme des Westbalkanlandes abgestimmt und beide Mal wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht erreicht, wie Medien übereinstimmend berichteten. Prishtina bedauerte das Ergebnis, Belgrad zeigte sich indes erfreut. Serbien hatte im Vorfeld intensiv gegen eine Aufnahme des Kosovo interveniert.

Beim ersten Durchgang stimmten 76 Staaten dafür, 56 dagegen und 22 enthielten sich der Stimmen (154 abgegebene Stimmen insgesamt). Nach kurzer Pause wurde die Abstimmung wiederholt: Für die Aufnahme des Kosovos stimmten demnach nur mehr 68 Staaten, 51 waren dagegen und 16 enthielten sich der Stimme (135 abgegebene Stimmen). Laut dem TV-Sender RTK hätte es unter den Staaten, die sich der Stimme enthielten, auch welche gegeben, die die Unabhängigkeit des Kosovos anerkannten. Insgesamt gibt es 192 bisherige Mitgliedsländer, die abstimmen konnten - geheim.

Serbien feiert "Sieg"

"Tief enttäuscht" zeigte sich der Kosovo nach Bekanntwerden des Ergebnisses. Die kosovarische Regierung warf Serbien eine "wilden Kampagne" gegen Prishtina vor. Es zeige, dass Belgrad nicht an der von der EU geforderten Normalisierung der Beziehungen interessiert sei. Die Interpol-Aufnahme sei ohnedies nur eine technische und nicht politische Frage, hieß es in einer Aussendung der Regierung.

Als einen Sieg eines "kleinen, trotzigen und stolzen Landes" feierte hingegen der serbische Präsident Aleksandar Vucic das Ergebnis. Gleichzeitig zeigte er Kompromissbereitschaft und rief dazu auf "die aktuelle Situation nicht dazu nutzen, Prishtina und alle, die geholfen hätten, zu verachten". Belgrad erkennt die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz nach wie vor nicht an und wetterte wochenlang vor der Abstimmung gegen die Interpol-Aufnahme.

Der serbische Innenminister Nebojsa Stefanovic feierte die Resultate auf dem Kurznachrichtendienst Twitter als einen "Sieg". Serbien erkennt - wie auch fünf EU-Staaten - die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz nach wie vor nicht an. Der Kosovo, der nach dem Krieg jahrelang von der UNO verwaltet wurde und 2008 seine Unabhängigkeit verkündete, wollte schon 2010 und erneut 2015 Interpol-Mitglied werden. Wegen fehlender Unterstützung hatte Prishtina im September 2017 den Beitrittsantrag zurückgezogen.

Interpol ist die wichtigste internationale Polizeiorganisation der Welt. Der Kosovo hatte sich zehn Jahre nach einem bewaffneten Aufstand der dort lebenden Albaner im Jahr 2008 von Serbien abgespalten. Mehr als 100 Länder, darunter Österreich, haben den jüngsten Staat Europas anerkannt, nicht jedoch Serbien, Russland, China und fünf von 28 EU-Staaten (Griechenland, Spanien, Rumänien, die Slowakei und Zypern).

Zwei neue Mitgliedsländer

Neben dem Kosovo bewarben sich bei der Generalversammlung der Organisation in Dubai auch die Pazifikinseln Kiribati und Vanuatu. Diesen beiden Ländern wurde die Mitgliedschaft gewährt.

Seit Monaten übten sich Prishtina und Belgrad in millionenschweren Lobby-Anstrengungen, um den Interpol-Beitritt zu ermöglichen beziehungsweise zu verhindern.

Serbien befürchtet, nach Interpol könnten auch andere internationale Organisationen den Kosovo aufnehmen. Es verweist auf die Interpol-Statuten, denen zufolge nur UN-Mitglieder aufgenommen werden könnten. Innenminister Nebojša Stefanović warnte, Prishtina werde „tausende“ serbische Veteranen des Kosovokriegs auf die Interpol-Fahndungsliste setzen. In der Vergangenheit war es Serbien, das Kosovos früheren UCK-Kommandanten mit Hilfe von Interpol-Haftbefehlen bei Auslandsreisen kurzfristige Zwangsaufenthalte in der Fremde bescherte.

Österreich stimmte für den Kosovo

Wien hatte bereits im Vorfeld seine Unterstützung der Interpol-Aufnahme des Kosovo zugesagt. Österreich werde bei der Generalversammlung in Dubai "die Mitgliedschaft des Kosovo akzeptieren", das habe Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) vereinbart, hieß es vom Bundeskanzleramt Anfang November.

Der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl bezeichnet am Dienstag die Ablehnung des Kosovo als "Fehlentscheidung. Ebenfalls enttäuscht zeigte sich die Organisation Paneuropa Österreich und forderte die Anerkennung des Kosovo in allen internationalen Organisationen.

(APA)

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