Präsident Macron zeigt sich nach Krawallen in Paris unnachgiebig

Präsident Macron und Innenminister Castaner (re.) begutachten die Schäden.
Präsident Macron und Innenminister Castaner (re.) begutachten die Schäden. (c) REUTERS (POOL)
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Nach der Eskalation der Proteste der "Gelbwesten" droht Frankreich nun der Ausnahmezustand. Mehr als 130 Menschen wurden verletzt, 400 festgenommen.

Paris. Präsident Emmanuel Macron verharrte kurz am Grab des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen und begutachtete dann die Schäden am beschmierten Arc de Triomphe, dem prunkvollen Torbogen an der Spitze des Pariser Prachtboulevards Champs-Élysées. Dort war es am Samstag zu schweren Ausschreitungen bei Demonstrationen der „Gelbwesten“ gekommen. Das Nationaldenkmal mitten in der französischen Hauptstadt war von Vermummten gestürmt worden, die Innenräume des Denkmals hatten sie beschädigt und geplündert.

Nach den gewaltsamen Protesten mit 133 Verletzten vom Samstag setzt die französische Regierung nun auf Härte: Innenminister Christophe Castaner brachte die Verhängung des Ausnahmezustands ins Spiel, um die Sicherheitslage zu stabilisieren. Die Randalierer würden identifiziert und vor Gericht gestellt, warnte Präsident Macron, der Sonntagfrüh vom G20-Gipfel zurück nach Paris gekommen war. Für Sonntagmittag hatte er eilends eine Krisensitzung im Élysée-Palast einberufen. Er übte scharfe Kritik an den gewalttätigen Kundgebungsteilnehmern. „Kein Anliegen rechtfertigt den Angriff auf Staatsvertreter, die Plünderung von Geschäften, die Bedrohung von Passanten und Journalisten und die Besudelung des Arc de Triomphe“, so Macron.

Geplünderte Geschäfte

Die Proteste der Gelbwesten-Bewegung am Samstag war der dritte Aktionstag der Bewegung gewesen, waren aber in massive Gewalt umgeschlagen. In mehreren der Straßen, die sternförmig auf den Place Charles-de-Gaulle mit dem Triumphbogen münden, brannten Barrikaden, meterhohe Flammen schlugen in den Himmel, der Triumphbogen selbst war von schwarzen Rauchschwaden verhüllt. Kaum jemand hörte hin, als wenig später im Fernsehen Premierminister Édouard Philippe protestierte, ein historisches Denkmal sei „besudelt“ worden. Auf die Fassaden von Napoleons Siegessymbol wurden Slogans gegen Präsident Macron gesprayt, das Innere völlig verwüstet. Mehrere Geschäfte an der luxuriösen Avenue Kléber wurden verwüstet und geplündert. Holzplatten, die Schaufenster schützen sollten, dienten für Barrikaden und als Schilder gegen Polizeigranaten. Autos brannten, Fensterscheiben wurden eingeschlagen. Ordnungskräfte, rund 4600 Polizisten waren im Einsatz, setzten Tränengas und Wasserwerfer ein.

Es sind vielleicht ein paar Hundert, die im Gegensatz zu den meist friedlichen Gelbwesten ihr Gesicht vermummen und zum Teil Helme mitgebracht haben. Nicht alle tragen die gelbe Warnweste, die zum Symbol für die Proteste gegen die Regierung geworden ist. Wer sind sie? Provokateure, die letztlich mit ihrer Gewalt eine Kundgebung verhindern oder diskreditieren wollen? Erfahrene Aktivisten von linken oder ultrarechten Gruppen? Die Behörden reden von „Casseurs“, die ausschließlich zum Randalieren und Plündern kommen. Zu beobachten waren am Samstag kleinere Gruppen, die sich in Seitenstraßen formierten, um zum Angriff überzugehen. Es existierte kein Ordnungsdienst oder eine andere Art von Organisation, die das verhindern hätte können. Auch das zahlenmäßig starke Polizeiaufgebot scheint demgegenüber ziemlich ohnmächtig.

Bei den Zusammenstößen wurden mehr als 400 Personen festgenommen. Am Boulevard Haussmann wurden die großen Pariser Kaufhäuser aufgrund von Gerüchten über plündernde Horden evakuiert. Mehrere Metrolinien wurden bis in den Abend stillgelegt. Der Sachschaden ist enorm.

Doch auch in der Provinz, wo die Bewegung begann, ist es zu schweren Zusammenstößen mit zahlreichen Verletzten gekommen. In Puy-en-Velay, mitten in der ländlichen Auvergne, wurde das Gebäude der Präfektur in Brand gesteckt. Gewaltsame Auseinandersetzungen wurden unter anderem aus Tours, Dijon, Avignon, Toulouse und Marseille gemeldet. Den ganzen Tag über waren zudem mehrere Autobahnen unterbrochen und viele Zufahrten von Gelbwesten mit Sperren blockiert. In einem der zahlreichen Staus kam es zu einem Auffahrunfall mit einem Toten. Trotz aller Behinderungen und der Gewalt unterstützen laut Umfragen mehr als 80 Prozent die Proteste, welche die Form einer Volkserhebung annehmen. Mehrere Oppositionspolitiker warfen der Regierung vor, die Gewalt eskalieren zu lassen, um die Gelbwesten zu diskreditieren.

Gegen zu hohe Treibstoffpreise

Ursprünglich ging es um die hohen Treibstoffpreise. Die Gelbwesten wollten die Regierung zum Einlenken zwingen. Das ist teilweise geglückt: Macron hat zugesagt, die umstrittene Ökosteuern auf Diesel an den Kraftstoffpreis anzupassen. Sie fordern aber auch Steuersenkungen sowie eine Anhebung von Mindestlöhnen und Pensionen. (red, r.b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2018)

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