Betrug in Dänemark: Rennpferde statt Sozialhilfe

Für eine der beiden Töchter kaufte Britta N. im Laufe der Jahre mindestens 60 Rennpferde. Komisch sei den Kindern das nicht vorgekommen.
Für eine der beiden Töchter kaufte Britta N. im Laufe der Jahre mindestens 60 Rennpferde. Komisch sei den Kindern das nicht vorgekommen. (c) REUTERS (Stephanie Keith)
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Eine leitende Angestellte der dänischen Sozialbehörde hat über 15 Jahre hinweg rund 15 Millionen Euro in die eigene Tasche abgezweigt. Jetzt ist sie aufgeflogen.

Kopenhagen/Wien. „Wir dachten, das Geld stammt aus Ersparnissen, Erbschaft und Lebensversicherungen, nachdem unser Vater verstorben war“, erklärten die beiden Schwestern Karina und Nadia im dänischen Fernsehen. Doch die Millionen, mit denen ihre Mutter den extravaganten Lebensstil der Kinder finanzierte, waren nicht die eiserne Reserve des verstorbenen Vaters. Vielmehr hatte ihre Mutter, Britta N., über 15 Jahre hinweg Gelder, die sie an sozial Bedürftige hätte überweisen sollen, in die eigene Tasche gesteckt.

Nun ist die ehemalige leitende Angestellte des dänischen Zentralamts für Gesundheits- und Sozialwesen aufgeflogen und wurde wegen Betrugs festgenommen: Mehr als 111 Millionen Kronen (umgerechnet knapp 15 Millionen Euro) Regierungsgelder soll sie in den Jahren 2003 bis 2018 aus einem Fonds der Agentur Socialstyrelsen veruntreut haben. Gedacht waren diese Finanzmittel als Unterstützung für sozial besonders schwache Bevölkerungsgruppen.

Erste Ungereimtheiten fielen Ende August auf, bis die Affäre jedoch ans Licht kam, dauerte es noch mehrere Wochen. Britta N. war Ende Oktober per internationalem Haftbefehl gesucht und schließlich in Südafrika festgenommen worden – mit mehr als 40.000 Euro Bargeld in der Tasche.
Nach eigenen Angaben war sie auf Urlaub, die Polizei spricht aber von Flucht. Ihr 38 Jahre alter Sohn, der im südafrikanischen Durban lebt, dürfte in die Betrugssache verwickelt sein. Er wurde ebenfalls festgenommen. Beide sitzen in Kopenhagen in Untersuchungshaft. Sozialministerin Mai Mercado ordnete eine umfassende Aufklärung der Causa an.

Antragsteller erfunden

Wie konnte die 64-Jährige, die zuletzt für die Vergabe von Zuschüsse und Beihilfen zuständig war, den Wohlfahrtsstaat unbemerkt um Millionen prellen? Derzeit versuchen Experten des Wirtschaftsprüfers PricewaterhouseCoopers, die betrügerischen Transaktionen herauszufiltern. Einerseits dürfte die Angestellte Antragsteller frei erfunden und ihnen dann einen Zuschuss gewährt haben, der auf ihrem eigenen Konto landete. Und zum anderen verfasste sie Schreiben an rechtmäßige Beihilfenempfänger, in denen sie ihnen mitteilt, dass die ursprüngliche Summe leider gekürzt werden müsse. Auch diese Differenz landete auf dem eigenen Konto. Aufgrund ihrer langen Dienstzeit von mehr als 40 Jahren hatte N. einen erweiterten Zugang zu den IT-Systemen. Dadurch konnte sie ihre Spuren offenbar so lange verwischen.

In Spitzenjahren ergaunerte Britta N., von Kollegen als pflichtbewusst bezeichnet, umgerechnet zwei Millionen Euro. Sie investierte in Immobilien in Kopenhagen, Schweden sowie Südafrika und in afrikanische Kunst. Für eine Tochter kaufte sie im Laufe der Jahre mindestens 60 Rennpferde, die zweite bekam ein Luxusauto um eine halbe Million geschenkt. Komisch sei den Kindern das nicht vorgekommen. (zoe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2018)

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