Die MBA-Elite

MBA. Europas beste Business Schools sind trotz - oder gerade wegen - der Krise hoch im Kurs. von patrick baldia

Wer es schafft, an einer der besten europäischen Business Schools unterzukommen, muss sich um seine berufliche Zukunft wenig Sorgen machen – vom Gehalt ganz zu schweigen: Die Recruiter von internationalen Topunternehmen geben sich an den elitären Adressen selbst in Krisenzeiten die Klinke regelrecht in die Hand. Doch die Aufnahmekriterien sind schwierig, und das Programm teuer. Einige Einblicke:

Die besten der Welt

„Wir wollen, dass die besten Studenten der Welt – sowohl in akademischer als auch beruflicher Hinsicht – an der Insead studieren“, gibt sich Jacob Cohen, Vorstand des französischen MBA-Programms gänzlich unbescheiden. Konkret gehe es darum, jene Köpfe anzusprechen, die sich auch für andere Eliteuniversitäten wie Harvard, Stanford oder die Columbia University interessieren. Das gehe nur, indem man versucht, die besten Lehrkräfte zu gewinnen, ihnen auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt und eine gewisse Autonomie einräumt.

Das MBA-Programm an der Insead ist mit rund 1000 Studenten das größte der Welt. Zum Vergleich: Harvard zählt hier „nur“ 940 Studierende. Es gilt als sehr intensiv: Obwohl es im Gegensatz zu anderen Programmen nur ein statt zwei Jahre dauert, werden 80 Prozent der Unterrichtsstunden abgedeckt. Den Studenten steht es dabei frei, ihr Studium gänzlich oder zum Teil an einem der drei Standorte Fontainebleau, Singapur oder Abu Dhabi zu absolvieren. Für den Ortswechsel hat sich die 30-jährige Österreicherin Katharina Petrasch entschieden. Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt in Singapur schließt sie derzeit ihr Studium in Frankreich ab.

Executive-Vorreiter

An der 1958 in Barcelona gegründeten Iese Business School rühmt man sich damit, die Idee der „Executive Education“ als erste Universität nach Europa gebracht zu haben. Neben den Hauptsitzen in Barcelona und Madrid werden mittlerweile auf der ganzen Welt Programme angeboten. 2005 wurde etwa das „Advanced Management Program“ in München ins Leben gerufen. „Das Programm soll vor allem die Vorstände und Geschäftsführer von internationalen Unternehmen mit Sitz in Deutschland ansprechen“, erklärt Dorothee von Canstein, zuständig für Communications Central Europe.

Zu den namhaften Absolventen gehört etwa Hannes Moser, CFO der heimischen Miba AG. „Bei uns geht es nicht nur darum, geschickter und schneller mit Zahlen umgehen zu können, sondern auch zu überlegen, was man damit machen kann“, so von Canstein. Gearbeitet wird nahezu ausschließlich mit Case-Studies. Schließlich würde das Erlernte auf diesem Wege am besten hängen bleiben.

Mangel an Führungsqualität?

Als vergleichsweise kleine Universität versucht man die im Schweizer Lausanne gelegene IMD Business School wie ein Unternehmen zu führen, wie Executive Director Jim Pulcrano erklärt. „Wir sind sehr kundenorientiert. Dementsprechend hoch ist der Praxisbezug. Das Erlernte muss auch umgehend angewendet werden können“, so Pulcrano. Jedes Jahr kommen rund 8000 Führungskräfte aus mehr aus 98 Ländern an den Genfer See, um an mehr als 20 einschlägigen Programmen teilzunehmen – darunter auch intensive MBA- und EMBA-Programme (für Executive MBA).

Viel Wert legt man laut Pulcrano darauf, den Studenten zu vermitteln, wie man auf die richtige Art und Weise Geld verdient. „Dazu muss sich allerdings jeder zuerst selber kennenlernen. Eine gute Führungskraft, die sich selbst kennt, macht weniger Fehler“, so der Experte. Die Wirtschafts- und Finanzkrise führt er auf einen Mangel an Führungsqualität zurück. Die hohen moralischen Ansprüche bestätigt auch Andreas Zinschitz, CFO bei Tui, der vor einigen Jahren das Executive MBA in Lausanne absolviert hat. „Ich habe enorm profitiert von dem sehr internationalen und extrem fordernden Umfeld“, erklärt er.

Internationalität leben

Insead-Studentin Petrasch schätzt an dem fordernden Programm die internationale Ausrichtung mit Fokus auf Asien. „Für besonders wichtig halte ich, dass man lernt, Prioritäten zu setzen und auszuwählen, was einem wirklich wichtig ist“, so Petrasch. Schließlich müsse man sich gegen Ende des Studiums neben dem Lernen auch mit dem Recruiting auseinandersetzen. Was sie anspricht, zeichnet die exklusiven MBA-Programme aus: Nach den Studenten und Absolventen herrscht seitens der Wirtschaft trotz Krise eine äußerst rege Nachfrage.

Internationalität ist bei der Insead schon bei der Aufnahme wichtig – die Business School legt Wert darauf, dass keine der insgesamt 83 Nationalitäten zu mehr als zehn Prozent vertreten ist. Und sie spiegelt sich nach Angaben von Cohen auch im Lehrplan wider. Aktuelle Case-Studies würden sich beispielsweise mit Argentinien und Schweden auseinandersetzen, in Studienreisen werden aufstrebende Schwellenländer wie Brasilien, Indien und China besucht. „Gerade dieser internationale Zugang macht unsere Absolventen für weltweit tätige Topunternehmen so interessant“, so der Experte. Zu den wichtigsten Themen der kommenden Jahre zählt Cohen den öffentlichen Sektor. „Nicht nur aufgrund der Krise ist es von grundlegender Bedeutung den öffentlichen Sektor zu verstehen, um die Möglichkeiten, die sich an den Schnittpunkten zwischen öffentlicher und privater Wirtschaft ergeben, nutzen zu können“, so der Experte. In Kürze soll deswegen ein zweijähriger MPA-Lehrgang (Master of Public Administration) vorgestellt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2010)

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