Österreichs EU-Vorsitz: "Sternstunde" oder "Spalter"?

Ein Bild vom Eröffnungsevent der EU-Ratspräsidentschaft Österreich auf der Planai: EU-Ratspräsident Boris Juncker umarmt den bulgarischen Premierminister Boyko Borisov vor den Augen von Sebastian Kurz.
Ein Bild vom Eröffnungsevent der EU-Ratspräsidentschaft Österreich auf der Planai: EU-Ratspräsident Boris Juncker umarmt den bulgarischen Premierminister Boyko Borisov vor den Augen von Sebastian Kurz.APA/AFP/ALEX HALADA
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Die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs geht zu Ende. In internationalen Medien wird Bilanz gezogen. Die "Welt" lobt, der "Tages-Anzeiger" übt Kritik.

Sechs Monate Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union gehen für Österreich mit Jahreswechsel zu Ende. Wie die "Presse" berichtete, werfen Aussagen eines halben Dutzends Diplomaten aus mehreren Mitgliedstaaten kein gutes Licht auf die österreichische EU-Vorsitzführung im politisch heiklen Feld Asyl, Migration und Grenzschutz.

Kommentar: Österreich bleibt Europas Mitte

Internationale Medien bewerten den österreichischen Vorsitz gemischt. Die bürgerlich-konservative deutsche Tageszeitung "Die Welt" schreibt in ihrer Montag-Ausgabe über den österreichischen EU-Ratsvorsitz und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) von einer Die EU-Ratspräsidentschaft war eine "Sternstunde der österreichischen Diplomatie": "Der hoch umstrittene EU-Haushalt 2019 wurde letztlich zügig und geräuschlos verabschiedet. Das Verbot von Wegwerfartikeln aus Plastik ab 2021 wurde im Rekordtempo von wenigen Monaten durchgesetzt. Und die Einigung über eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von Neuwagen um 37,5 Prozent bis zum Jahr 2030 war von vielen in Brüssel vor Kurzem noch für unmöglich gehalten worden.

Dennoch ist die Bilanz von Österreichs Ratspräsidentschaft gemischt. Kurz hat es in den vergangenen sechs Monaten nicht geschafft, seine selbst gewählte Rolle als 'Brückenbauer' in Europa auszufüllen. Zu Beginn des EU-Vorsitzes hatte er auch den Mund etwas zu voll genommen und zu hohe Erwartungen geweckt. Er wollte damit Druck aufbauen, aber er fühlte sich zu sicher - das war ein Fehler."

Spaltung in der Migrationsfrage bleibt

Kurz habe es nicht geschafft, die Spaltung der EU in der Migrationsfrage zu überwinden und die immer größer werdende Kluft zwischen den ost- und mitteleuropäischen Staaten einerseits und den 'alten' EU-Ländern andererseits zu verringern. Kurz' zweiter Fehler sei es gewesen, den UN-Migrationspakt nicht zu unterstützen. "Damit stellte sich der EU-Vorsitz gegen die große Mehrheit der Mitgliedsländer. Dadurch setzte sich auf internationaler Ebene der Eindruck fest, dass die Regierung in Wien sich während ihrer Ratspräsidentschaft nicht immer als 'ehrlicher Makler' verhielt, sondern innenpolitisch punkten wollte."

Die EU-Ratspräsidentschaft habe die Stellung von Kanzler Kurz innerhalb Europas vorerst geschwächt. Zwar sei die deutsche Kanzlerin in der EU immer noch viel mächtiger als ihr Kollege aus Österreich, doch Merkels Rückzug von der politischen Bühne sei eine große Chance für Kurz.

In der Analyse der "Welt" wird der Kanzler dafür gelobt, dass er gezeigt habe, "wie man Rechtspopulisten wie die FPÖ unter Kontrolle hält. Seine Taktik: Schwächung durch Kooptation. Dieses Konzept ist bisher unter dem Strich voll aufgegangen."

Viel Pomp, wenig Substanz

Deutlichere Kritik wird im Zürcher "Tages-Anzeiger" geäußert. Die Bilanz der EU-Präsidentschaft Österreichs in den zurückliegenden sechs Monaten falle bestenfalls durchwachsen aus, war dort am Montag zu lesen.

"Gewiss, in Sachen Glanz und Gloria haben sich die austriakischen Zeremonienmeister dem Habsburger Erbe als würdig erwiesen. Vom Salzburger Mirabellgarten bis zur Wiener Hofreitschule waren die Kulissen perfekt gewählt. Die Organisation lief wie am Schnürchen. Doch die Substanz war weniger bemerkenswert. (...) Als Tiefpunkt der EU-Präsidentschaft darf aber die Absage Österreichs an den UNO-Migrationspakt gelten. Denn die Regierung in Wien, die noch an der Ausarbeitung des Pakts konstruktiv beteiligt war, hat hier ihre EU-Rolle vom innenpolitischen Populismus überwuchern lassen. Sie hat sich damit nicht als Brückenbauer gezeigt, wie das Kanzler (Sebastian) Kurz stets gern verspricht, sondern im Gegenteil: als Spalter."

(APA)

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