Auch in der Vermarktung des LHC überholt Europa die USA.
„Die Strahlen sind wieder drin, jetzt drücken Sie die Daumen! Wir gehen auf eine Kollision zu!“ So kam es gestern Mittag gegen halb zwölf vom Cern, via Twitter, das einen den ganzen Tag über auf dem Laufenden hielt und zunächst einmal „Guten Morgen“ wünschte: „LHC hat eine gute Nacht verbracht.“ Dann geht es weiter im Stundentakt, gegen halb neun wird es hektischer, man erfährt nicht warum, gegen halb zehn wieder, diesmal klingt durch, dass etwas schiefgegangen ist, „Experten untersuchen noch die Situation. Es sieht so aus wie ein Problem im Schutzsystem der Maschine.“ Die Maschine wird herabgefahren und wieder hinauf, dann ist einer der beiden Teilchenstrahlen „unglücklicherweise nicht gut. Wir mussten ihn wegwerfen.“ Dann dürfen die Daumen gedrückt werden, um 13.01 Uhr dürfen sie sich wieder lösen: „First time in the history!!!!!!!!!!!! World record!!!!!!!“
Es ist wie in einem Drehbuch oder wie bei der Nasa: Lange hatten deren PR-Spezialisten bei der Vermarktung die Nase konkurrenzlos vorn – beim Countdown angefangen, der einem Film von Fritz Lang entlehnt war –, nun trumpft Europa nicht nur mit dem Beschleuniger auf (die US-Konkurrenz hinkt hinterher), sondern beherrscht auch die Show, auf allen Kanälen: Man kann den Cern-Physikern zuhören, man kann ihnen zusehen – und sieht Männer jeden Alters, aber fast keine Frauen –, man kann sich in sie hineinversetzen wie einst in die Helden im All und in Houston: Gegen halb eins hielten sie „im Kontrollraum den Atem an“. jl
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2010)