Arbeitslosigkeit sinkt wieder– aber nur dank Schulungen

(c) Clemens Fabry
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Im März waren 350.337 Personen ohne Arbeit. Innerhalb der Branchen ist die Arbeitslosigkeit vor allem dort gesunken, wo sie im Vorjahr die steilsten Anstiege erlebt hat.

Wien (b.l./hie). Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zeigte sich erleichtert, als er am Donnerstag die jüngsten Arbeitslosenzahlen präsentierte: Ende März waren in Österreich 266.320 Personen arbeitslos gemeldet, um 1,8 Prozent weniger als vor einem Jahr. Es handle sich um den ersten Rückgang nach 16Monaten. Das sei „aufgrund der rasch gesetzten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gelungen“, lobt der Minister die Regierung und damit auch gleich einmal sich selbst.

Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bestanden allerdings zu einem Gutteil darin, Arbeitslose in Schulungen unterzubringen. Die Zahl der Schulungsteilnehmer kletterte um ein Drittel auf 84.017 Personen. Rechnet man die Schulungsteilnehmer dazu, stieg die Arbeitslosenzahl gegenüber dem Vorjahr um 16.330 Personen oder 4,9 Prozent auf 350.337 Personen.

Wirtschaftsforscher sind deshalb auch weniger euphorisch. „Die Zahlen entsprechen den Erwartungen“, stellt Wifo-Expertin Ulrike Huemer fest. Vor einem Jahr sei die Arbeitslosigkeit steil angestiegen und habe ein hohes Niveau erreicht. „Jetzt verharrt sie auf diesem hohen Niveau“, so Huemer. Inklusive Schulungsteilnehmern rechnet das Wifo im Jahresschnitt mit 26.000 zusätzlichen Arbeitslosen.

Mehr Langzeitarbeitslose

Innerhalb der Branchen ist die Arbeitslosigkeit vor allem dort gesunken, wo sie im Vorjahr die steilsten Anstiege erlebt hat: Bei den Zeitarbeitern ging sie um 13,6Prozent, in der Produktion um zehn Prozent zurück. Auch im Tourismus besserte sich die Lage: Die Arbeitslosigkeit sank um 3,9Prozent. Im Bau verharrt sie mit einem Plus von 0,5 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres.

Angestiegen ist sie dort, wo es im Vorjahr die schwächsten Zuwächse gab: im Handel (plus 2,4 Prozent) und im Gesundheits- und Sozialwesen (plus zehn Prozent). Dort wuchs aber auch die Zahl der Beschäftigten am stärksten. Dass die Krise in der Produktion vorbei sei, könne man aus den Zahlen nicht herauslesen, sagt Huemer: Viele arbeitslose Industriearbeiter säßen in Schulungen.

Ein drastischer Anstieg ist bei den Langzeitarbeitslosen zu verzeichnen. Die Zahl der Personen, die länger als zwölf Monate als arbeitssuchend gemeldet waren und in dieser Zeit auch keine Schulungen besucht haben, stieg im Vergleich zum März des Vorjahres um fast 30Prozent. Experten führen das darauf zurück, dass Unternehmer, die in der Krise neu einstellen, lieber auf Kurzzeitarbeitslose zurückgreifen. Ein durchschnittlicher Arbeitsloser ist laut aktuellen Zahlen 94 Tage ohne Job.

Grüne: „500.000 Arbeitslose“

Kritik muss sich Sozialminister Hundstorfer von der Opposition gefallen lassen: Ein leichter saisonaler Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen mache die Tatsache nicht wett, dass die Dunkelziffer an Arbeitslosen bei 500.000 Menschen liege, teilte Birgit Schatz, Arbeitnehmersprecherin der Grünen, per Aussendung mit. Zu den 350.000 offiziell angegebenen Arbeitslosen kämen jene mit Bezugssperren, Arbeitslose im Krankenstand und solche, die bereits einen Pensionsantrag gestellt hätten. Meinung, Seite 31

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2010)

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