Großinsolvenz: Garnhersteller Borckenstein beantragt Konkurs

EIZINGER Alexandra / WB
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Drei Jahre nach einer Großinsolvenz ist Garnhersteller Borckenstein erneut zahlungsunfähig. Für die Gemeinde Neudau ist das eine Katastrophe. 124 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs.

Der traditionsreiche oststeirische Garnhersteller Borckenstein ist erneut zahlungsunfähig. Nach einem Insolvenzverfahren bereits 2016 musste das Unternehmen heute, Donnerstag, aufgrund der schwierigen Wettbewerbslage ein Konkursverfahren am Landesgericht Graz beantragen. Betroffen sind 124 Beschäftigte sowie 190 Gläubiger. Die Verbindlichkeiten betragen rund 21,4 Millionen Euro.

Dem gegenüber stehen Aktiva von etwa 8,4 Millionen Euro, geht aus Aussendungen der Gläubigerschutzverbände AKV Europa und KSV1870 hervor. Die Überschuldung beläuft sich damit auf rund 13 Millionen Euro.

"Trotz intensiver Bemühungen des FMMG-Konzerns und der neuerlichen Anpassung des Geschäftsmodells für 2018/2019 ist uns die langfristige wirtschaftliche Stabilisierung von Borckenstein leider nicht gelungen", wird Geschäftsführer Andrea Parodi in einer Pressemitteilung zitiert.

Der Produktionsstandort in Neudau ist derzeit geschlossen. Die Produktion stand über die Weihnachtsferien wegen eines Betriebsurlaubes still und wurde seither nicht wieder eröffnet. "Während des Betriebsurlaubes dürfte mit Ende 2018 auch der Energieversorgungsvertrag abgelaufen sein, sodass diesbezüglich neue Verhandlungen aufzunehmen sind", schreibt der AKV.

Insolvenzverwalter Alexander Isola will den Gläubigerschutzverbänden zufolge umgehend entscheiden, ob ein zumindest kurzfristiger Fortbetrieb möglich sein wird. Der AKV steht einer neuerlichen Sanierung skeptisch gegenüber.

"Wenn es gelingt, die kurzfristig benötigte Liquidität aus den vorhandenen Aufträgen sicherzustellen, kann der Insolvenzverwalter im Fortbetrieb der Produktion auf einen motivierten und erfahrenen Mitarbeiterstamm zurückgreifen, um die Aufrechterhaltung des Unternehmensbetriebs sicherzustellen", sagte hingegen der Rechtsvertreter der Firma Borckenstein, Clemens Jaufer, von ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte. Es werde nicht ausgeschlossen, dass eine nochmalige Sanierung gelingt.

Der vor 230 Jahren gegründete Garnhersteller schlitterte bereits 2016 in die Pleite. Es handelte sich dabei um die zweitgrößte Insolvenz in der Steiermark im Jahr 2016 mit einem Forderungsvolumen von 23 Mio. Euro. Damals wurde der Personalstand von rund 300 auf 152 Beschäftigte halbiert, zumal das Produktionsvolumen durch eine Konzentration auf Spezialprodukte deutlich reduziert wurde.

Man habe versucht, durch neue Schwerpunkte in der Produktion und durch die Optimierung von Prozessen wettbewerbsfähig zu bleiben. "Schlussendlich zeigte sich jedoch, dass die vorgenommenen Umstrukturierungsmaßnahmen nicht ausreichten, um einen langfristigen wirtschaftlichen Aufschwung zu erreichen", räumte Borckenstein am Donnerstag ein.

Die erste Gläubigerversammlung findet am 22. Jänner statt. Die Berichts- und Prüfungstagsatzung ist am 12. März geplant.

Borckenstein ist einer der größeren Betriebe im strukturschwachen steirisch-burgenländischen Grenzgebiet. Das Unternehmen wurde 1789 gegründet, der Stammsitz in Neudau besteht seit 1845. Das Unternehmen stellt hochwertige Garne und Zwirne her, wobei die Produktion technischer Textilien im Bereich Brandschutz zuletzt im Fokus lagen. 2013 fusionierte das Unternehmen mit der italienischen Fil Man Made Group. Seit Juni 2015 ist die Borckenstein GmbH eine 100-prozentige Tochter der italienischen Muttergesellschaft.

Land will Insolvenz-Stiftung aufstocken

Das Land Steiermark hat nach der neuerlichen Borckenstein-Insolvenz die Ausweitung einer bestehenden Stiftung angekündigt, sollten Gespräche über eine Fortführung des Unternehmens scheitern. "Gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice werden wir alles Menschenmögliche unternehmen. Wir lassen niemanden im Stich", so LHStv. Michael Schickhofer und Soziallandesrätin Doris Kampus (beide SPÖ).

Mit dem Textilunternehmen könnte der frühere Bezirk Hartberg mit einem Schlag einen seiner größten Industrie-Betriebe verlieren, hieß es in der Aussendung weiter. Der drohende Verlust von 160 Arbeitsplätzen stelle auch für die Gemeinde Neudau laut Bürgermeister Wolfgang Dolesch eine Katastrophe dar. "Diese Pleite ist für die Betroffenen, die alle aus der Region stammen, sowie für ihre Familien eine ganz furchtbare Situation", unterstrichen Schickhofer und Kampus. Die Größenordnung einer erweiterten Stiftung - sie wurde im Jahr 2016 anlässlich der ersten Borckenstein-Insolvenz eingerichtet - sei noch unklar. Das Land werde mit dem AMS über die weitere Vorgangsweise erst beraten.

(APA)

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