Die Achse des roten Wien in den ORF

"Das war ein kalter Putsch.“ So urteilt ein Kenner aus dem inneren politischen Zirkel über die Ablöse von Karl Krammer als SPÖ-Stiftungsrat.

Bis zuletzt hatte sich dieser berechtigt Hoffnungen gemacht, nicht nur dem obersten ORF-Aufsichtsgremium weiter anzugehören und dort den „Freundeskreis“ der Roten anzuführen, sondern sogar den Vorsitz zu übernehmen. Doch daraus wird nichts. Krammer muss dem bisherigen Sprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied weichen.

Nikolaus Pelinka ist erst 23. Aber er hat aus Sicht einiger SPÖ-Granden Vorteile. Er ist ein Vertrauter von SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas, die wiederum eine Vertraute des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl ist. Und er kann mit einem nicht allzu fordernden Job versorgt werden, um sich – wie es der Bundeskanzler wünscht – nur dem ORF zu widmen, wo zuletzt redaktionell nicht alles so lief, wie man es sich in der Löwelstraße wünscht. Die Parteispitze will jemanden im ORF haben, der dafür sorgt, dass man dort die SPÖ nicht vergisst. Krammer ging mitunter den umgekehrten Weg und war in der SPÖ unterwegs, um an die ORF-Interessen zu erinnern. Und er hätte sich wohl nicht damit abgefunden, dass ein anderer aus dem „Freundeskreis“ den Vorsitz im Gremium übernimmt.


Im Gespräch als Vorsitzende sind in der SPÖ vor allem Arbeiterkämmerer Werner Muhm (er gilt als Vertrauter von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann), aber auch Rudolf Ertl von der Wiener Städtischen. Für ORF-General Alexander Wrabetz wird die Lage – egal, wer sich durchsetzt – nicht einfacher: Er verliert mit Karl Krammer einen Stiftungsrat, der ihn auch in Krisenzeiten unterstützt hat. Zuletzt erhielt Wrabetz ja nicht aus den SPÖ-Reihen Rückenwind, sondern just aus jenen der ÖVP. AK-Mann Muhm würde es wohl nicht schwerfallen, den ebenfalls einst in der Arbeiterkammer sozialisierten derzeitigen ORF-Chefredakteur und von Faymann favorisierten Karl Amon auf den ORF-Chefsessel zu loben. Die SPÖ-Mannen sind jedenfalls für die Ende 2011 anstehende ORF-Wahl bereits in Stellung gebracht.


isabella.wallnoefer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2010)

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