Vorgezogene Wahlen: Spanien droht eine politische Hängepartie

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Pedro Sanchez bittet die Bevölkerung Ende April verfrüht an die Urnen. Ein Zerwürfnis mit separatistischen Katalonien-Parteien hatte die Regierung in eine Krise gestürzt.

"Spanien hat keine Minute zu verlieren, Spanien muss vorwärtskommen." Mit diesen Worten hat Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez für den 28. April Neuwahlen ausgerufen. Nur gut acht Monate nach der Amtsübernahme des Sozialdemokraten dürfte Spanien nun erneut vor einer schwierigen Regierungsbildung und einer politischen Hängepartie stehen. "Vor der Entscheidung, nichts zu tun und ohne Etat weiterzumachen einerseits und die Spanier zur Stimmabgabe aufzufordern andererseits, wähle ich das Zweite." Turnusgemäß hätte die nächste Parlamentswahl 2020 angestanden.

Sanchez war am Dienstag im Parlament vor dem Hintergrund der Katalonien-Krise mit dem Etat-Entwurf für 2019 gescheitert: Aus Protest gegen den Abbruch eines Dialogs zwischen der Zentralregierung in Madrid und den Unabhängigkeitsbefürwortern in Barcelona hatten am Mittwoch katalanische Abgeordnete dem sozialdemokratischen Regierungschef den Rückhalt entzogen.

Im derzeitigen Parlament verfügen Sanchez und seine Partei PSOE über keine eigene Mehrheit, sondern nur über rund ein Viertel der Sitze. Auch bei den anstehenden Wahlen sehen die Meinungsforscher keine Mehrheit für eine einzelne Partei. Die PSOE führt zwar in den aktuellen Umfragen und erreicht im Schnitt 24 Prozent. Mit ihr liegen allerdings die konservative Volkspartei (PP) und die liberale Partei Ciudadanos zusammen gleichauf.

Politische Unsicherheit im Land wächst

Die beiden könnten rein rechnerisch eine Koalition mit der rechtspopulistischen Vox bilden, wie sie es im Dezember nach der Regionalwahl in Andalusien getan haben. Es ist aber auch denkbar, dass Ciudadanos ein Bündnis mit der PSOE und Podemos eingeht, für eine Mehrheit wären allerdings weitere kleine Parteien nötig.

Seit mehr als drei Jahren gibt es in Spanien keine Mehrheitsregierung mehr. Reformen werden dadurch erschwert und verzögert. Sanchez war nach einem Misstrauensvotum seiner PSOE gegen den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy an die Regierung gekommen. Die PSOE hatte damit auf eine Korruptionsaffäre um Rajoys PP reagiert.

Spanien, die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, ist nach einer Wirtschaftskrise seit 2013 auf Erholungskurs. Doch im Land wächst die politische Unsicherheit. Dazu tragen nicht nur das Erstarken populistischer Parteien wie zuletzt der Vox und die Zersplitterung der Parteinlandschaft bei, sondern auch die Unabhängigkeitsbestrebung in Katalonien.

Katalonien-Konflikt wieder im Mittelpunkt

Die Meinungen, ob die wohlhabende Region sich von Spanien lossagen sollte, gehen auseinander. Der Streit, der 2017 im Unabhängigkeitsreferendum gipfelte, ist mit der Haushaltsabstimmung wieder in den Mittelpunkt gerückt. Die Separatistenparteien hatten gegen den Budgetentwurf gestimmt, weil Sanchez es abgelehnt hatte, auf ihre Forderungen einzugehen.

Die Separatisten wollten als Gegenleistung für ihre Stimmen unter anderem erreichen, dass der Regierungschef sich im historischen Prozess gegen zwölf Führer der Unabhängigkeitsbewegung der Konfliktregion im Nordosten Spaniens gegen eine Verurteilung der Angeklagten ausspricht. Außerdem hatten sie die Einleitung einer Debatte über das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen gefordert.

(APA/Reuters/dpa/Reuters)

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