Grüne Unternehmen: Öko für Arbeiter und Investoren

Die Unternehmenszentrale von Ricola ist Europas größter Lehmbau.
Die Unternehmenszentrale von Ricola ist Europas größter Lehmbau.Ricola
  • Drucken

Nachhaltigkeit und Ökologie werden auch bei Gewerbeimmobilien immer wichtiger. Die Gründe dafür sind vielfältig: Umweltbewusstsein, Imagepflege und Kostendruck.

Eine ausgeklügelte Haustechnik, intelligentes Energiemanagement, Wärmeerzeugung aus Abwärme, der Einsatz von Fotovoltaik – Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Dazu werden, auch im Gewerbeimmobilienbereich, immer öfter ökologische Baustoffe verwendet. So hat beispielsweise der Logistikspezialist Cargo-Partner beim Bau des neuen iLogistics Center in Fischamend auf Holz gesetzt. Das im Vorjahr eröffnete und von Poppe Prehal Architekten aus Steyr geplante Gebäude wurde zur Gänze aus Holz errichtet – von der Wand- und Deckenkonstruktion bis zur Fassade. Insgesamt 4200 Kubikmeter des nachhaltigen Rohstoffs wurden verbaut.

Nachhaltigkeitspreis


„In der Logistikbranche wird oft vorsichtig mit neuen Innovationen umgegangen, doch echter Fortschritt kann nur dann geschehen, wenn man sich über das Bekannte hinauswagt. Wir investieren gezielt in ausgewählte neue Technologien – und hoffen, damit viele Nachahmer zu finden“, betont Stefan Krauter, CEO von Cargo-Partner. Auf 12.250 Quadratmetern Gesamtfläche bietet das mit dem Hermes-Verkehrs-Logistik-Preis der Bundessparte Transport und Verkehr der Österreichischen Wirtschaftskammer in der Sparte „Nachhaltigkeit“ ausgezeichnete Logistikcenter nun 24.500 Palettenstellplätze sowie ein Kleinteillager mit 32.000 Behältern.

Firmensitz aus Lehm


Auf den Baustoff Lehm setzte der deutsche Bio-Lebensmittelhändler Alnatura bei seinem Alnatura-Campus. Der neue Firmensitz, auf einem 55.000 Quadratmeter großen ehemaligen Kasernengelände in Darmstadt errichtet, wurde im Jänner eröffnet. Herzstück ist die Alnatura-Arbeitswelt, eine offene Bürolandschaft, konzipiert vom Stuttgarter Architekturbüro Haas Cook Zemmrich Studio2050. Mit einer Bruttogeschoßfläche von 13.500 Quadratmetern ist der schlichte Bau das europaweit größte Bürogebäude aus Lehm. Die in Stampflehmtechnik gefertigten Wände enthalten nicht nur Lehm aus dem Westerwald und Lavaschotter aus der Eifel, sondern auch recyceltes Material aus dem Tunnelaushub von Stuttgart 21, einem Verkehrs- und Städtebauprojekt zur Neuordnung des Eisenbahnknotens Stuttgart.

Ein Erdkanal, der das klimaneutrale Gebäude mit Frischluft aus dem angrenzenden Wald versorgt, eine Regenwasserzisterne sowie Fotovoltaik- und Geothermieanlagen ergänzen den hohen ökologischen Standard.
Aus dem ältesten Baustoff der Kulturgeschichte besteht auch das bereits 2014 eröffnete Kräuterzentrum des Schweizer Bonbonherstellers Ricola in Laufen. Ein Stück „geometrisierte Landschaft“ nannten die planenden Architekten Herzog & de Meuron denn auch das Gebäude mit seinen 100 Metern Länge, elf Metern Höhe und knapp 30 Metern Breite. Die Lehmfassade umhüllt das Stahlbetontragwerk der Halle und wird durch das leicht überstehende Dach sowie die Betonplatte am Boden vor eindringender Feuchtigkeit geschützt. Kalkschichten, die an der Fassade als horizontale Fugen sichtbar sind, verhindern die Erosion. „Es gab eine Vorstellung des Bauherrn und der Architekten: Sie wollten eine nachhaltige Halle bauen, die eine feuchteregulierende Wirkung hat, wenig Haustechnik benötigt und sich auch architektonisch in das Landschaftsbild einbettet. Da hat sich der Stampflehm geradezu angeboten“, erinnert sich Martin Rauch, Gründer der Lehm Ton Erde Baukunst GmbH.

Urbane Möglichkeiten?

Somit beträgt die Luftfeuchtigkeit im Lager konstant 50 Prozent – die Lehmhülle wurde hier nicht verputzt. Im Bereich von Anlieferung und Trocknung sowie in jenem Teil, wo die Kräuter geschnitten und gemixt werden, wurden Backsteinwände eingezogen. Beheizt wird dieser Gebäudeteil mittels Abwärme aus der benachbarten Produktionshalle, am Dach befindet sich eine Fotovoltaikanlage. Eigens für dieses Vorhaben entwickelten Rauch und sein Team eine Produktionsanlage zur Herstellung von Stampflehm-Fertigteilen. Sie wurde in einer rund drei Kilometer von der Baustelle entfernten Halle aufgebaut. Dort wurden die meist 3,36 Meter langen, 1,3 Meter hohen und 0,45 Meter starken Teile mit einem Gewicht von rund 4,6 Tonnen im Winter vorproduziert und im darauffolgenden Frühjahr montiert, so Rauch. „Durch die Vorfertigung ist es möglich, neue und zukunftsfähige Lehmbaukonzepte, beispielsweise für den urbanen Kontext, zu denken und zu entwickeln“, betont Rauch.

Investoren mögen's grün


Dass Bauherren im Gewerbebereich Nachhaltigkeit immer stärker am Herzen liegt, bemerkt auch Adolf Merl von Daxner & Merl, einem Büro für Nachhaltigkeits- und Umweltberatung: „Vor allem dort, wo Investoren an Bord sind, ist Nachhaltigkeit nahezu ein Muss.“ Sogenannte Grüne Immobilienfonds beispielsweise investieren explizit in nachhaltige Gebäude – entsprechende Zertifikate sind daher unumgänglich. Doch es gibt noch andere Gründe: Nachhaltige Gebäude sind energieeffizient, was sich wiederum in den Betriebskosten niederschlägt. „Hinzu kommt der Imagefaktor“, sagt der ÖGNI-Auditor. Nachhaltige Immobilien stärkten nämlich durchaus Image und Glaubwürdigkeit von Unternehmen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.