Nein, Herbert Kickl spielt nicht „1984“

Die Umbenennung der Erstaufnahmezentren zu Ausreisezentren ist nicht zynisch, sondern offen feindselig.

Schon im Jahr 2002 wurde das Wort Ausreisezentrum von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum „Unwort des Jahres“ gewählt – eine merkwürdige Kategorie, die impliziert, dass ein Wort, das als unangemessen und/oder unschön empfunden wird, gar kein Wort mehr sei. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen empfanden – und empfinden – es als euphemistisch, das sah auch die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache so: Das Wort Ausreisezentrum solle „offenbar Vorstellungen von freiwilliger Auswanderung oder gar Urlaubsreisen wecken“.

Jetzt hat der österreichische Innenminister das Wort eingeführt, allerdings in signifikant anderer Bedeutung: In Deutschland – und auch in der Schweiz – versteht man unter einem Ausreisezentrum (amtlich: Ausreiseeinrichtung) eine Sammelunterkunft für Ausländer, die bereits als ausreisepflichtig erklärt worden sind, die also, um es nicht euphemistisch zu sagen, von der Abschiebung bedroht sind. Kickl dagegen benennt die Erstaufnahmezentren für Asylwerber zu Ausreisezentren um, impliziert damit, dass alle Asylwerber ausreisepflichtig seien, auch wenn sie (noch) keinen abschlägigen Bescheid erhalten haben.

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