Rendi-Wagner greift durch – ein wenig

Die SPÖ-Spitze traf sich beim Tiroler roten Landesparteitag – ja, so einen gibt es wirklich – zur Familienaufstellung. Pamela Rendi-Wagner gab endlich die starke Frau. Ihre Widersacher spielen vorerst mit.

Die verlässlichsten Landesparteichefs von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache trafen sich also am Samstag wie geplant in Tirol. Hans Peter Doskozil, frischgebackener – so darf man das dort noch sagen – Landeshauptmann des Burgenlands und Chef der kleinen, aber stolzen Landes-SPÖ, hielt die Auftaktrede bei seinem Genossen, oder besser: Parteibuddy Georg Dornauer, dem Chef der winzigen, aber gar nicht mehr stolzen Tiroler SPÖ. Diese droht zwischen Landes-ÖVP, -FPÖ und -Grünen zu verschwinden, dorthin, wohin sie (im Gegensatz zu ihrer Bundespartei) gehört: in die Bedeutungslosigkeit. Dornauer war über seine Heimat hinaus, das kleine Sellrain nahe Innsbruck, mit einem sexistischen Witz bekannt geworden, der mangels Schmäh jede Sauna leeren würde. Diese Leistung hatte Doskozil dazu bewogen, einmal mehr Pamela Rendi-Wagner zu desavouieren und für Dornauer einen Platz in den Parteigremien einzufordern, den ihm diese wegen des Sagers verweigert hatte.

Rendi-Wagner wollte daher nicht zum Parteitag, der traditionell unfreiwillig unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Nachdem ihr aber der Ruf vorauseilt, sich vor Medien, roten Männern und Menschen generell zu verstecken, fuhr sie eben hin.

Dort hielt sie eine überraschend klare und harte Rede, für die sie lauten Applaus bekam: Dornauer wusch sie im Vorbeireden ebenso den Kopf wie dem Häuptling aus dem Burgenland. Er hatte diese Woche als unbeabsichtigte Populismuskrisenfeuerwehr für FPÖ-Innenminister Herbert Kickl fungiert und die Möglichkeit einer „Sicherungshaft“, also Inhaftierung auf Verdacht einer möglichen Straftat auch für Inländer, angedacht. Vermutlich wähnte er sich kurz als Burgenland-Tom-Cruise aus dem Science-Fiction-Film „Minority Report“, in dem künftige Mörder vorab eliminiert werden. Nach seiner Wortmeldung lieferte die SPÖ-Spitze eine unglaubliche Kakofonie zum Thema, als wären WhatsApp und das Telefon noch nicht erfunden worden. Die berechtigte Kritik an Kickl, der diese Debatte beim Thema Asyl losgetreten hatte, war kaum mehr zu hören. Rendi-Wagner nannte Doskozils Aussage höflich „nicht hilfreich“.

Aber vielleicht weiß sie auch, dass ihre bisherigen vagen Aussagen zu diesen und anderen Themen auch nicht übertrieben erfolgreich waren. Die von ihren Beratern verfolgte Strategie, die Parteivorsitzende aus innenpolitischen Niederungen herauszuhalten und wie Sebastian Kurz nur ab der Flughöhe Wolkengrenze in Diskussionen einsteigen zu lassen, ist es auch nicht, sondern falsch. Oppositionsarbeit ist auch schmutzig.

Der Samstag war aus SP-Sicht endlich wieder gut inszeniert: Rendi-Wagner gab nach und fuhr brav nach Innsbruck, die Machogenossen ließen sich kritisieren. Vorbei ist der Kampf noch lang nicht. Es geht um die Frage, ob die Partei Stimmen bei der FPÖ oder den Grünen holen soll, ob sie nach links oder rechts geht, ob sie mehr Wien-Innenbezirk oder mehr Eisenstadt-Umgebung ist. Die Herren in der Partei sollten aber kapieren: Rendi-Wagner mag weniger politische Erfahrung und Hausmacht haben, als Frontfrau erhält sie im Gegensatz zu den Genannten etwas Essenzielles: Sympathie.



rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2019)

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