Wer die Fäden für Heinz Fischer zieht

Heinz Fischer
Heinz Fischer (c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Der Bundespräsident vertraut einem bunt gemischten Team. Sein Kabinett besteht aus alten (roten) Vertrauten und neuen, durchaus auch bürgerlichen Helfern. Die "Presse" stellt seine engsten Mitarbeiter vor.

Schreitet ein Bundespräsident die Parade ab, ist er nie allein. Hinter ihm geht stets sein Adjutant – hinter Heinz Fischer tut dies seit Jahren Gregor Keller. Der 59-Jährige Generalmajor kam vor sechs Jahren als Bestgereihter von drei Bewerbern in die Präsidentschaftskanzlei. Er ist ausgebildeter Hubschrauberpilot und naturgemäß ein ausgewiesener Kenner des Heeres. Schließlich hatte Keller bereits etliche Führungspositionen inne. Er mühte sich unter anderem mit den Grabenkämpfen im Heeresabwehramt ab. Was ihm, wie anderen auch, mediale Aufmerksamkeit in Zusammenhang mit dem Spitzel-U-Ausschuss bescherte. Zuletzt war Keller allerdings Leiter der Gruppe Prozess- und Ergebniskontrolle im Verteidigungsministerium und für etliche hohe Posten im Heer im Gespräch. Bis jetzt blieb er allerdings Fischer treu.

Keller ist im Übrigen eindeutig der roten Reichshälfte zuzuordnen. Was man nicht von allen in Fischers Büro sagen kann. So manchen Mitarbeiter seines Vorgängers hat der Bundespräsident behalten – Alexander Grubmayr zum Beispiel, der schon zu Thomas Klestils Zeiten die Protokollabteilung managte, Alfons Kloss, der einen Abstecher als Botschafter nach Rom tat, ehe er als außenpolitischer Berater in die Hofburg zurückkehrte, Anton Hafner, früher im Bürgerservice, jetzt Vize-Kabinettsdirektor, oder Meinhard Rauchensteiner, früher Pressesprecher, jetzt Kulturberater, Und noch ein „Bürgerlicher“ in Fischers Kreis ist nicht zu vergessen: Ludwig Adamovich. Der Ex-Gerichtshofpräsident ist Fischers „verfassungsrechtlicher Berater“, obwohl der Bundespräsident selbst Jurist mit Leib und Seele ist. Man liebt und pflegt offenbar den Gedankenaustausch auf gleichem Niveau.

Der penible Physiker. Der Kern von Fischers Team ist allerdings klar sozialdemokratisch positioniert. Dazu gehören die beiden Sprecher Bruno Aigner und Astrid Salmhofer, Fischers langjährige Büroleiterin Susanne Gaugl und Kabinettsdirektor Rene Pollitzer. Rein formell ist Letzterer der höchste Beamte der Republik. Der Amtstitel für den roten Spitzendiplomaten stammt aus Zeiten der Monarchie, als in der Hofburg noch ein ganzer Hof zu managen war. Heute stehen Pollitzer in etwa 70 Leute zur Verfügung, samt Chauffeuren, Sicherheits- und auch Reinigungskräften. An den wöchentlichen Kabinettssitzungen nimmt freilich nur ein Kern von neun Leuten teil.

Pollitzer begann seine Karriere bei Rudolf Streicher, 1992 (glückloser) Präsidentschaftskandidat. Mit Streicher arbeitete er allerdings nur im Verkehrsministerium zusammen und dann mit dessen Nachfolger Viktor Klima – jeweils als außenpolitischer Berater. Danach ging Pollitzer als Botschafter nach Athen. Dabei ist der 55-jährige rote Diplomat (schon für sich eine rare Spezies) ausgebildeter Physiker. Was hat seine Karriere verändert? Darüber redet Pollitzer nicht gern, schon gar nicht mit Journalisten. Wer mit ihm arbeitet bzw. gearbeitet hat, wie beispielsweise der frühere Klima-Sprecher Joe Kalina, würdigt ihn jedenfalls als peniblen Organisator und strukturierten Denker, der alles, von der elektronischen Sicherheit bis zur wirtschaftspolitischen Beratung, im Griff hat.

Ruhig – oder besser gesagt: ruhig geworden – ist auch Bruno Aigner. Der frühere Revoluzzer und Paradelinke der SPÖ steht seit 1976 treu an Heinz Fischers Seite. Er blieb dort, ob Fischer nun Klubobmann, Wissenschaftsminister, Nationalratspräsident oder eben Bundespräsident wurde. Dass sich der 62-Jährige standhaft der „hofzeremoniellen“ Etikette und dem Krawattenzwang verweigert, kann man durchaus als skurril ansehen, wie Aigner selbst zugibt. Er sieht es offenbar als kleine Reminiszenz an frühere Zeiten. Man muss, wenn man sich schon ans pompöse Getöse einer Präsidentschaftskanzlei gewöhnen muss, schließlich nicht alles mitmachen – auch nicht den Opernball an Fischers Seite.

Dafür und nicht nur dafür gibt es Astrid Salmhofer. Die 36-Jährige verantwortet die strategische Planung in Fischers Kommunikation. Ihre Idee war es zum Beispiel, die Wiederkandidatur per Internetvideo bekannt zu geben. Was man mit neuen Medien in der Politik so alles anstellen kann, hat Salmhofer bei Profis studiert. Im vergangenen Frühjahr verbrachte sie zwei Monate in Chicago und Washington. Sie traf sich mit Barack Obamas Kampagnenleiter und sammelte einige Tage lang im Kabinett des Präsidenten im Weißen Haus Erfahrung. Politische Werbung lernte Salmhofer aber schon viel früher, von der Pike auf. Sie studierte Politikwissenschaften und Publizistik, wechselte allerdings vor dem Abschluss in die Praxis. In der europäischen Zentralbank in Frankfurt war die Steirerin an der Euro-Infokampagne beteiligt. Zurück in Wien arbeitete sie für Medienprofi Josef Broukal. Der wagte damals den Sprung vom ORF zur SPÖ und in den Nationalrat und fand in Salmhofer eine umtriebige Vermarkterin. Das blieb auch Heinz Fischer nicht verborgen. Er holte sie 2003 prompt in sein Wahlkampfteam.


Die umsichtige Dolmetscherin. Susanne Gaugl war damals längst mit von der Partie. Die 45-Jährige kam 1998 zu Heinz Fischer. Sie leitete sein Büro im Parlament, als er Nationalratspräsident war. „Eine Seele von einem Menschen“, fällt den meisten langjährigen Weggefährten zu ihr ein – und trotzdem ein politisch denkender Mensch. Was sie zu Fischers wichtigem strategischen Background macht, nicht nur im Büro und bei Auftritten in Österreich: Gaugl hat auch die Außenpolitik im Griff, sie ist schließlich Übersetzerin für Französisch und Spanisch.

Außenpolitischer Berater ist allerdings Botschafter Alfons Kloss, auf den Fischer große Stücke hält und der, wie erwähnt, schon für Klestil arbeitete. Wie eben auch Meinhard Rauchensteiner und Alexander Grubmayr. Ersterer kam vor elf Jahren als Redenschreiber in die Präsidentschaftskanzlei und wurde bald zum zweiten Sprecher von Thomas Klestil. Mittlerweile ist das Multitalent, das nicht immer frei von Sarkasmus agiert, zum Berater für Wissenschaft, Kunst und Kultur avanciert. Da hat Rauchensteiner völlig freie Hand, ob er nun einen Tanzparcours in der Hofburg veranstaltet oder einen Sprachzebrastreifen vor das Haus pinseln lässt, der auf Österreichs Volksgruppen hinweist. Aktionen, die im Übrigen alle von Sponsoren getragen werden. Und wer Interesse an den sprachlichen, auch fremdsprachlichen Fähigkeiten Rauchensteiners hat, braucht nur in der Präsidentschaftskanzlei anzurufen. Das Tonband mit der höflichen Aufforderung „Wir bitten um etwas Geduld“ hat auch der Sohn des früheren Direktors des Heeresgeschichtlichen Museums besprochen.

Der präzise Diplomat. Grubmayr ist Protokollchef und so, wie man sich einen Protokollchef vorstellt: ernst, detailverliebt, aber auch präzise, umsichtig. Es gebe keinen Besseren, heißt es, um jeden Inlands- und jeden Auslandsbesuch des Bundespräsidenten zu organisieren. Er ist im übrigen der Sohn von Botschafter Herbert Grubmayr, der bei den Staatsvertragsverhandlungen dabei war. Das (Staats-)Dienende liegt also in der Familie. Und dann ist da natürlich noch Margit Fischer. Sie gehört nicht zum Team, sie gehört „zum Chef“, wie es ein Insider ausdrückt. Und sie arbeitet ehrenamtlich und gänzlich unprätentiös.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Hofburg-Wahl

Rosenkranz und Gehring: Zwei Einzelkämpfer

Die engsten Zirkel von Rosenkranz und Gehring sind überschaubar.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.