Russische Geldwäsche, Raiffeisen und ein Toter bei Wien

An dieser Stelle wurde 2012 die Leiche des Wiener Anwalts Erich Rebasso gefunden.
An dieser Stelle wurde 2012 die Leiche des Wiener Anwalts Erich Rebasso gefunden.APA/HERBERT PFARRHOFER
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Nicht nur heimische Banken sind von den jüngsten Enthüllungen im Fall „Troika-Laundromat“ betroffen, sondern auch der 2012 getötete Rechtsanwalt Erich Rebasso.

Wien. Es ist Donnerstag, der 16. August 2012, als ein Jäger in einem Wald bei Königstetten einen grausigen Fund macht. Nur wenige Kilometer von Wien entfernt findet er die Leiche jenes Mannes, nach dem die Polizei schon seit fast drei Wochen fieberhaft sucht: des Wiener Wirtschaftsanwalts Erich Rebasso. Dieser war Ende Juli in der Tiefgarage am Georg-Coch-Platz in der Wiener Innenstadt entführt worden, als er gerade auf dem Weg zu seinem Auto war. Die Obduktion wird später zutage fördern, dass er wahrscheinlich bereits an diesem Tag oder nur kurz später starb, weil ihm ein Schilddrüsenknorpel gebrochen wurde. Ob das vorsätzlich oder im Rahmen des Versuches, ihn gewaltsam zu überwältigen, geschah, ist bis heute nicht abschließend geklärt.

Klar ist jedoch, dass die beiden russischen Täter, die wegen der Entführung inzwischen in Russland im Gefängnis sitzen, gegenüber Rebassos Familie eine Lösegeldforderung von 435.000 Euro stellten. Und auch ihr Motiv ist weitgehend bekannt. Sie wurden bei einem Anlegerbetrug in Russland um je rund 60.000 Euro erleichtert. Sie machten Rebasso dafür verantwortlich.

Waschmaschine für 4,2 Milliarden Euro?

Die Ursache dafür liegt weitere vier Jahre zurück, Details dazu wurden allerdings erst diese Woche publik. Denn wie berichtet hat nun das internationale Recherchenetzwerk OCCRP die Ergebnisse im Fall „Troika-Laundromat“ publiziert. Auf Basis eines Datenleaks bei der 2013 pleitegegangenen litauischen Ukio-Bank konnte so ein System aus ineinander verschachtelten Briefkastenfirmen dargestellt werden, mit dem die ehemals größte private Investmentbank Russlands, Troika, es ihren Kunden ermöglichte, rund 4,2 Milliarden Euro an mutmaßlichem Schwarzgeld außer Landes zu bringen und dabei weißzuwaschen. Aus Österreich waren „Addendum“ und „Profil“ an den Recherchen beteiligt.

Und dabei kommt auch Rebasso regelmäßig vor. Er soll ab Dezember 2006 als sogenanntes Money Mule tätig gewesen sein, also Gelder in Empfang genommen und – mittels Scheinrechnungen – weiterverteilt haben. In Summe sollen dabei 96 Millionen Dollar über das Firmenkonto seines Unternehmens geflossen sein. Allerdings dürfte seine Hausbank, die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, aufgrund der Summen und Zieldestinationen stutzig geworden sein. Und auch Rebasso selbst hatte laut späteren Aussagen bald das Gefühl, dass seine „Kontrollmöglichkeiten überfordert waren“. Daher machte er im Februar 2008 eine Selbstanzeige und beendete die Geschäfte.

Das Verfahren gegen ihn wurde 2011 eingestellt, da es sich dabei um Straftaten von Ausländern im Ausland gehandelt habe. Die Herkunft des Geldes dürfte sich nämlich vor allem aus zwei Quellen ergeben. Einerseits aus einem Betrug auf dem Moskauer Flughafen. Dort wurden beim Treibstoffhandel jahrelang Mittelsmänner eingeschaltet, die zu Unrecht 40 Prozent auf den Preis aufschlugen. Und andererseits aus dem Betrug an russischen Kleinanlegern, denen mit gefälschten Verträgen Geld abgenommen wurde. Jener Fall, der Rebasso vier Jahre später sein Leben kostete.

Verdächtige Zahlungen aus Litauen

Rebasso ist aber nicht der einzige Österreich-Bezug, der sich beim „Troika-Laundromat“ ergibt. Denn auch heimische Banken kommen in den Daten vor – als empfangende Institute von verdächtigen Zahlungen. Diese wurden von Konten der litauischen Ukio-Bank an Konten von Firmen in Offshore-Destinationen wie den British Virgin Islands bei westeuropäischen Banken getätigt. In Österreich betrifft das vor allem die in der Raiffeisen Bank International (RBI) aufgegangene RZB. Sie soll in Summe 630 Millionen Dollar empfangen haben.

Diese Zahlungen wurden mit Rechnungen unterlegt – etwa für Digitalkameras oder industrielle Stahlbänder. Allerdings ist unklar, ob es sich hierbei mitunter um Scheinrechnungen gehandelt hat. Die RBI erklärt, sich immer an alle Gesetze zur Bekämpfung der Geldwäsche gehalten zu haben. Aufgrund des Bankgeheimnisses könne aber nicht mehr dazu gesagt werden. Die Bank verweist zudem darauf, dass ein Teil der Vorwürfe schon in der Vergangenheit gerichtlich untersucht wurde und dabei bestätigt wurde, dass diese unbegründet seien. Auch jetzt liegt in Österreich erneut eine Anzeige des britischen Fonds Hermitage Capital Management gegen unbekannt vor. Darin nennt der Fonds auch die Bank Austria, die Erste Bank, die Bank Gutmann und die Deniz-Bank als empfangende Institute. Auch diese verweisen auf die Einhaltung aller Regeln.

Hermitage war früher ein großer Investor in Russland, fiel aber in Ungnade und verließ 2007 das Land. In der Folge bemächtigten sich Betrüger (mutmaßlich aus der russischen Elite) einstiger Hermitage-Subfirmen und holten sich ungerechtfertigterweise 230 Millionen Dollar Steuern vom Staat zurück. Dieses Geld soll ebenfalls über den „Troika-Laundromat“ gewaschen worden sein. Hermitage beauftragte daraufhin den russischen Anwalt Sergej Magnitsky, die Vorgänge aufzuklären. Er wurde während der Ermittlungen in Untersuchungshaft genommen und starb ein Jahr später unter mysteriösen Umständen. Hermitage-Chef William Browder führt seither einen Feldzug gegen das russische Geldwäschenetzwerk. 2013 wurde wiederum er selbst in Russland wegen Steuerhinterziehung verurteilt. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2019)

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