Thailand: Autokrat auf der Suche nach Koalitionspartner

Der tanzende Premier: Mit einem traditionellen thailändischen Tanz wollte Regierungschef Prayut Chan-o-cha vom Bahnhof Khon Kaen zum großen Wahlsieg am Sonntag abreisen. Das Vorhaben lief nicht ganz nach Plan.
Der tanzende Premier: Mit einem traditionellen thailändischen Tanz wollte Regierungschef Prayut Chan-o-cha vom Bahnhof Khon Kaen zum großen Wahlsieg am Sonntag abreisen. Das Vorhaben lief nicht ganz nach Plan.REUTERS
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Fast fünf Jahre lang hat Militärmachthaber Prayut Chan-o-cha autoritär regiert. Nach der Parlamentswahl wird er Kompromisse eingehen müssen.

Bangkok. Es war eine ungewöhnliche Parlamentswahl, zu der die Thailänder am Sonntag aufgerufen waren. Letztlich ging es um die Frage: Militärdiktatur – ja oder nein? Es scheint jedoch, dass die Antwort darauf nicht eindeutig ausgefallen ist. Noch ist erst das vorläufige Ergebnis bekannt, es gibt Aufschluss über die Vergabe von 350 der 500 Sitze im Parlament. Laut Wahlkommission liegt das endgültige Ergebnis möglicherweise sogar erst gegen Ende der Woche vor.

Die vorläufigen Teilergebnisse zeigten dennoch bereits eine klare Tendenz: Die mit Militärmachthaber Prayut Chan-o-cha eng verbundene Pro-Junta-Partei Palang Pracharat (PPRP) dürfte die meisten Stimmen errungen haben und wird eine der beiden größten Parteien im Parlament stellen. Machthaber Prayut Chan-o-cha hat damit gute Chancen, Regierungschef zu bleiben.

Droht der politische Stillstand?

Allerdings wird sich der Ex-Militär, der das Land nun fünf Jahre lang autoritär regiert hat, einschränken müssen. Im gesetzgebenden Parlament haben die juntanahen Parteien nämlich keine Mehrheit – und werden sich Koalitionspartner suchen müssen. Zwar wird sich Prayut mithilfe des vom Militär bestimmten Senats zum Regierungschef wählen lassen können – ein Verfahren, das die Junta mit der von ihr diktierten neuen Verfassung selbst durchgesetzt hat.

Will Prayut aber auch Gesetze verabschieden, benötigt er auch eine Mehrheit im Parlament. Das könnte schwierig für ihn werden. Auch dem Land könnte eine unruhige Phase bevorstehen. Laut dem Beratungsunternehmen Control Risk ist es wahrscheinlich, dass ein „politischer Stillstand eintreten könnte, weil die PPRP Schwierigkeiten haben dürfte, eine Mehrheit im Unterhaus zu bekommen“.

Bei zwei Parteien muss Prayut erst gar nicht anklopfen: Da ist zum einen die Future-Forward-Partei des Milliardärs Thanathorn Juangroongruangkit. Der 40-Jährige ist mit dem Versprechen angetreten, die Macht des Militärs zu beschneiden. Während des Wahlkampfs entwickelte er sich zum lautesten Kritiker der Junta. Das kam an, seine Partei gehört zu den Wahlgewinner. Vor allem viele junge Thais dürften sich für die Partei entschieden haben.

Thanathorn will nun gemeinsam mit der Pheu-Thai-Partei eine Koalition der demokratischen Parteien schmieden, die sich gegen die Junta stellt. Pheu Thai wird vom im Exil lebenden, umstrittenen Ex-Regierungschef Thaksin Shinawatra kontrolliert, dessen Parteien seit 2000 alle Wahlen gewinnen konnten, aber immer wieder vom Militär von der Macht vertrieben wurden. Die Partei könnte erneut stärkste Kraft werden, blieb aber insgesamt hinter den Erwartungen zurück. Parteichefin Sudarat Keyuraphan meldete am Montag den Anspruch von Pheu Thai auf Bildung der nächsten Regierung an. Aufgrund des vom Militär dominierten Senats sind ihre Chancen dafür jedoch gering.

Misstrauen gegenüber Wahlkommission

Sowohl das Juntalager als auch das demokratische Lager werden nun vor allem die Bhumjaithai Party umwerben. Deren Chef ist der milliardenschwere Unternehmer Anutin Charnvirakul. Vor der Wahl wollte er nicht festlegen, welchem Lager er sich zuschlagen wird. Eines seiner Wahlkampfthemen war die vollständige Legalisierung von Cannabis. Damit zielte er vor allem auf Bauern ab, die mit der Kultivierung der Pflanze ihre Einkünfte aufbessern sollten.

Überschattet wird die Wahl von großer Skepsis gegenüber der Wahlkommission. Mehrfach hat sie die Verkündung des Wahlergebnisses verzögert. Für Aufregung sorgte unter anderem, dass in manchen Bezirken mehr Stimmen als Wähler aufgeführt wurden. In sozialen Medien warfen viele Thais der Junta Wahlbetrug vor. Juntagegner Thaksin meldete sich aus Hongkong mit einem Gastbeitrag für die „New York Times“ zu Wort: „Ich kann nicht glauben, wie weit die Junta gegangen ist, um die Wahlen zu manipulieren“, schrieb er.

Das Misstrauen ist auch deswegen so groß, weil die Wahlkommission letztendlich von der herrschenden Junta kontrolliert wird. Die Wahlleiter wiesen am Montag den Vorwurf der Manipulation zurück. Unstimmigkeiten seien auf individuelle menschliche Fehler zurückzuführen, hieß es.

UNKLARER WAHLAUSGANG

Thailand-Wahl. Möglicherweise dauert es bis Ende der Woche, bis die Wahlkommission das offizielle Ergebnis der Parlamentswahl in Thailand vom Sonntag bekannt geben wird. Das sorgte auch prompt für Gerüchte, die mächtige Militärjunta im Hintergrund wolle das Resultat manipulieren. Dabei hat sie im Vorfeld schon dafür gesorgt, dass sie weiter den Regierungschef stellen wird. Doch wird die mit ihr verbundene Partei Palang Pracharat im Unterhaus des Parlaments einen Koalitionspartner brauchen, um Gesetze verabschieden zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2019)

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